Die Inflation von 1923

Die sterbende Markvaluta ließ alles „in Nichts zerfließen“

Auszug aus der Bilanz des Geschäftsjahres 1922/1923

Auszug aus der Bilanz des Geschäftsjahres 1922/1923

© Zweiter Bericht der Notgemeinschaft, 1922/1923

Seit ihrer Gründung hatte die Deutsche Notgemeinschaft mit der Inflation zu kämpfen. Schon die Jahre 1921 und 1922 waren von der Geldentwertung geprägt.

Im Jahr 1923 stand die Notgemeinschaft kurz davor, aufgelöst zu werden: Schon im August 1923 waren die Mittel aufgrund der rasant steigenden Inflation verbraucht. Die bewilligte Summe von 4,4 Milliarden Mark wurde im August um 900 Milliarden erhöht, aber schon im Oktober war auch dieses Geld ausgegeben. Damit nicht wieder weitere Gelder der Inflation zum Opfer fielen, wurden laut dem Dritten Bericht von 1923/1924, der Notgemeinschaft ein Goldkredit von 500.000 Goldmark zur Verfügung gestellt.

Es lässt sich für das Inflationsjahr 1923 nicht mehr feststellen, was die jeweiligen Beträge im Augenblick der Bewilligung, der Zahlung und der Verausgabung wert waren. Die rasante Geldentwertung zwang die Notgemeinschaft, Entscheidungswege abzukürzen. So wurde den Fachausschüssen nahe gelegt, eine „möglichste Beschleunigung des Begutachtungsverfahrens“ vorzunehmen. Bei bewilligten Druckzuschüssen wurden Nachbewilligungen nötig, welche kurzerhand vom Präsidenten der Notgemeinschaft entschieden wurden. Damit wurde eine sich schon vorher abzeichnende Zentralisierung der Entscheidungsmacht beim Präsidium noch verstärkt.

Überweisung von 70 Billionen Mark an Frau von Wrangell, Professorin für Chemie, für Forschungsarbeiten an der Kaiser-Wilhelm-Gesellschaft

Überweisung von 70 Billionen Mark an Frau von Wrangell, Professorin für Chemie, für Forschungsarbeiten an der Kaiser-Wilhelm-Gesellschaft

© Aus

Die widrigen Arbeitsverhältnisse der Notgemeinschaft in der Zeit der Inflation beschreibt der Dritte Bericht des Geschäftsjahres 1923/1924:

„Das Geschäftsjahr 1923/24 war ein rechtes Notjahr. In der zweiten Hälfte dieses Jahres hat die Notgemeinschaft mehrmals dicht vor der Notwendigkeit gestanden, wegen Mangels an Mitteln ihre Tätigkeit einzustellen. […] Die sterbende Markvaluta entwertete ihre Mittel, ließ alle inländischen Zuschüsse in Nichts zerfließen, wie sie jede Vorberechnung ausschloß und den Forscher aus den gewohnten Bahnen warf. […] Eine übersichtliche Rechnungslegung, wie im letzten Jahresbericht enthalten, zu geben, ist unter den Verhältnissen des letzten Geschäftsjahres unmöglich.“

Für die Wissenschaft ist kein Geld mehr da. Die Sternwarte ist ganz heruntergekommen.

© Th. Th. Heine, Simplicissimus, Jahrgang 25 Nr. 44, Januar 1921

Im November 1923 wurde durch die Währungsreform mit der Einführung der Rentenmark der Inflation ein Ende gesetzt. Der Präsident der Notgemeinschaft Friedrich Schmidt-Ott schreibt im Vorwort des Dritten Berichts der Notgemeinschaft als Rückblick und gleichzeitig als Ausblick:

„Das Reich hat uns auch in der Zeit größter Not nicht im Stich gelassen. […] Auch sonst hat es an verständnisvoller Förderung im In- und Ausland nicht gefehlt. Solches Vertrauen heischt auf seiten der Wissenschaft nicht nur immer neuen Dank, sondern weckt nicht minder die Pflicht zu neuer Hoffnung und neuer Arbeitsfreude. Es verbürgt auch der Notgemeinschaft den endlichen Erfolg.“

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Historische Förderfälle in GEPRIS Historisch

Die im Jahr 2020 anlässlich des hundertsten Gründungstages der DFG-Vorgängereinrichtung „Notgemeinschaft der Deutschen Wissenschaft“ veröffentlichte Datenbank GEPRIS Historisch macht mehr als 50.000 Förderfälle der Jahre 1920 bis 1945 unter Beteiligung von über 13.000 Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern recherchierbar. Das System wird ergänzt um einen umfangreichen Textapparat, der in mehreren Kapiteln auch auf Fragestellungen mit Bezug zu den Gründungsjahren der Notgemeinschaft eingeht.

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