Pressemitteilung Nr. 2 | 8. März 2022

Vier Forscherinnen und sechs Forscher erhalten Heinz Maier-Leibnitz-Preis

DFG und BMBF vergeben wichtigsten Preis für Persönlichkeiten in frühem Stadium der wissenschaftlichen Karriere / Verleihung am 3. Mai in Berlin

DFG und BMBF vergeben wichtigsten Preis für Persönlichkeiten in frühem Stadium der wissenschaftlichen Karriere / Verleihung am 3. Mai in Berlin

Vier Wissenschaftlerinnen und sechs Wissenschaftler erhalten in diesem Jahr den Heinz Maier-Leibnitz-Preis und damit die wichtigste Auszeichnung in Deutschland für Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler in frühen Karrierephasen. Das hat ein von der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG) und dem Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) eingesetzter Auswahlausschuss in Bonn beschlossen. Die Verleihung der mit je 20 000 Euro dotierten Auszeichnung findet am 3. Mai in Berlin statt und wird per Livestream übertragen.

Die Heinz Maier-Leibnitz-Preise 2022 gehen an:

  • Juniorprofessor Dr. Pascal Friederich, Computergestütztes Materialdesign, Karlsruher Institut für Technologie, Karlsruhe
  • Professorin Dr. Julijana Gjorgjieva, Computergestützte Neurowissenschaften, Max-Planck-Institut für Hirnforschung, Frankfurt/Main und Technische Universität München
  • Dr. Nicole Gotzner, Sprachwissenschaften, Universität Potsdam
  • Dr. Dr. Hanjo Hamann, Rechtswissenschaften, Max-Planck-Institut zur Erforschung von Gemeinschaftsgütern, Bonn
  • Dr. Maike Hofmann, Gastroenterologie, Universitätsklinikum der Albert-Ludwigs-Universität Freiburg
  • Dr. Andreas Horn, Neurologie, Charité – Universitätsmedizin der Freien Universität Berlin und Humboldt-Universität zu Berlin und Harvard Medical School, Boston
  • Privatdozentin Dr. Irmtraud Huber, Anglistische Literaturwissenschaft, Ludwig-Maximilians-Universität München
  • Privatdozent Dr. Christian Maier, Wirtschaftsinformatik, Otto-Friedrich-Universität Bamberg
  • Dr. Tobias Meng, Theoretische Festkörperphysik, Technische Universität Dresden
  • Dr. Jonas Warneke, Physikalische Chemie, Universität Leipzig

Seit 1977 wird der Heinz Maier-Leibnitz-Preis jährlich an herausragende Forscherinnen und Forscher verliehen, die sich in einem frühen Stadium ihrer wissenschaftlichen Laufbahn befinden und noch keine unbefristete Professur innehaben. Der Preis dient als Anerkennung und zugleich als Ansporn, diese Laufbahn eigenständig und zielstrebig fortzusetzen. Benannt ist er seit 1980 nach dem Atomphysiker und früheren DFG-Präsidenten Heinz Maier-Leibnitz, in dessen Amtszeit (1974–1979) er erstmals vergeben wurde. Der Heinz Maier-Leibnitz-Preis gilt als der bedeutendste Preis in Deutschland zur Förderung wissenschaftlicher Persönlichkeiten in einem frühen Karrierestadium.

Für die diesjährige Preisrunde waren insgesamt 155 Forscherinnen und Forscher aus allen Fachgebieten vorgeschlagen worden. Die Auswahl traf der zuständige Ausschuss unter dem Vorsitz des DFG-Vizepräsidenten und Biochemikers Professor Dr. Peter H. Seeberger.

Die Preisträgerinnen und Preisträger im Einzelnen:

Juniorprofessor Dr. Pascal Friederich, Computergestütztes Materialdesign, Karlsruher Institut für Technologie, Karlsruhe

Pascal Friederich forscht auf dem Gebiet des virtuellen Materialdesigns, insbesondere der durch künstliche Intelligenz gestützten Materialsimulationen und Autonomisierung von Experimenten. Diese Forschungsfelder sind angesichts steigender Anforderungen an Materialeigenschaften und des Bedarfs immer schneller werdender Zyklen der Materialentwicklung hochrelevant und bieten eine Vielzahl von Anwendungsmöglichkeiten. In seiner Dissertation entwickelte Friederich eine neue Methode zur Berechnung der Materialeigenschaften von organischen Halbleitern, womit er den Weg für das Design neuartiger organischer Halbleiter ebnete. Bei Forschungsaufenthalten in Harvard und Toronto als Marie Curie Fellow arbeitete er zudem an der Entwicklung von Methoden des maschinellen Lernens, die auch für andere Fächer wie die Chemie relevant sind.

Professorin Dr. Julijana Gjorgjieva, Computergestützte Neurowissenschaften, Max-Planck-Institut für Hirnforschung, Frankfurt/Main und Technische Universität München

Wie steuert die spontan im Nervensystem erzeugte oder durch externe Impulse angestoßene Aktivität im Gehirn die Organisation eines ganzen neuronalen Netzwerks in den ersten Wochen kurz nach der Geburt? Das ist eine der zentralen Fragestellungen von Julijana Gjorgjieva. Es geht im Grunde darum, auf theoretischer Ebene zu verstehen, wie sich neuronale Schaltkreise von Säugetieren selbst organisieren. Aber es geht auch um den Zusammenhang zwischen visueller Reizänderung, zum Beispiel bei Tag und Nacht, und neuronaler Netzwerkaktivität. Zu diesen und weiteren vielfältigen Fragestellungen verwendet Gjorgjieva computergestützte und mathematische Ansätze und verknüpft in Modellierungen Berechnungen zu einzelnen Nervenzellen mit denen eines ganzen neuronalen Netzwerks – und dies sehr effektiv, auch in kollaborativen Arbeiten mit experimentell ausgerichteten Arbeitsgruppen.

Dr. Nicole Gotzner, Sprachwissenschaften, Universität Potsdam

Die Forschung von Nicole Gotzner an der Schnittstelle von Sprachbedeutung, Sprachverwendung, Spracherwerb und -verarbeitung und allgemeiner Kognition ist äußerst innovativ. Dies gilt insbesondere für ihren Forschungsansatz, in dem sie Perspektiven der formalen Semantik und der Pragmatik mit experimentellen Methoden der Psycholinguistik sowie der Korpuslinguistik, der Phonetik und der spieltheoretischen und computationellen Modellierung verknüpft. In all diesen Bereichen stellen Gotzners Arbeiten eine bislang noch nicht selbstverständliche Verbindung von Theorie und experimenteller Methodik her. Gotzner steht daher für eine kognitionswissenschaftlich fundierte Sprachwissenschaft. Sie leitet die Emmy Noether-Gruppe „Skalen in der Sprachverarbeitung und im Spracherwerb“.

Dr. Dr. Hanjo Hamann, Rechtswissenschaften, Max-Planck-Institut zur Erforschung von Gemeinschaftsgütern, Bonn

Hanjo Hamann forscht an der Schnittstelle zwischen Recht und Wirtschaftswissenschaften. Damit macht er die Analyse des Rechts mit ökonomischen Methoden, die in den USA schon länger diskutiert wird, hierzulande zu einem wichtigen Thema. Auch auf den Feldern der Empirie und der Rechtstatsachenforschung hat sich Hamann bereits mit zahlreichen Veröffentlichungen hervorgetan. Seine Dissertation, die ein evidenzbasiertes Herangehen an das Recht zum Gegenstand hat, ist national wie international auf großes Interesse gestoßen. Hamann erörtert darin die Grundlagen quantitativ-empirischen Forschens in der Rechtswissenschaft und verbindet die kritische Reflexion empirischer Ansätze mit juristisch-normativen Herangehensweisen. Darüber hinaus leistete er wichtige Beiträge zu Recht und Verhaltenswissenschaften (Behavioural Law and Economics) und datengestützer Rechtslinguistik (Legal Corpus Linguistics). Anfang April folgt Hamann einem Ruf an die EBS Universität für Wirtschaft und Recht in Wiesbaden.

Dr. Maike Hofmann, Gastroenterologie, Universitätsklinikum der Albert-Ludwigs-Universität Freiburg

Seit ihrer Promotionsarbeit forscht Maike Hofmann auch in mehreren DFG-geförderten Projekten zu Gedächtnis-T-Zellen und konnte neue Populationen dieser Zellen identifizieren, die bei der Abwehr von chronischen Virusinfektionen eine wichtige Rolle spielen. Zuletzt richtete sich ihr Fokus auf die zelluläre Immunität bei COVID-19 bei Infektion und Impfung. Besonders beeindruckend sind ihre wegweisenden Konzepte zur Rolle der T-Zell-Reprogrammierung bei viraler Hepatitis sowie zur Bedeutung von antigenspezifischen T-Zellen auch bei milden COVID-19-Verläufen. So stellte Hofmann nicht zuletzt ihre Fähigkeit unter Beweis, schnell und zielstrebig auf neue Herausforderungen und Themen wie COVID-19 einzugehen und erfolgreich in neuen Kooperationen wichtige wissenschaftliche und klinisch relevante Fragen zu beantworten.

Dr. Andreas Horn, Neurologie, Charité – Universitätsmedizin der Freien Universität Berlin und Humboldt-Universität zu Berlin und Harvard Medical School, Boston

Andreas Horn nutzt und entwickelt modernste Bildgebungsmethoden zur Untersuchung der Gehirnfunktion. Sein Fokus liegt dabei auf dem Verständnis und der Modulation neuronaler Netzwerke im Gehirn, erklärtes Ziel ist die Verbesserung der „Tiefen Hirnstimulation“. Dieser Therapieansatz erlaubt die symptomatische Behandlung von Patientinnen und Patienten mit Bewegungsstörungen wie Parkinson, mit Epilepsien oder Zwangsstörungen. Das Forschungsfeld verbindet Neurologie, Neuroradiologie und zunehmend auch die Psychiatrie. Mit seinem innovativen Ansatz trägt Horn dazu bei, die Effekte der Stimulation auf strukturelle und funktionelle, weit verzweigte neuronale Netze besser zu verstehen. Ein wichtiger Meilenstein war die Entwicklung einer frei verfügbaren Software zur postoperativen Analyse der Stimulationseffekte. 2019 wurde Horn ins Emmy Noether-Programm der DFG aufgenommen, seit 2020 leitet er zudem zwei Teilprojekte in einem Sonderforschungsbereich.

Privatdozentin Dr. Irmtraud Huber, Anglistische Literaturwissenschaft, Ludwig-Maximilians-Universität München

Irmtraud Hubers zentrale Forschungsgebiete sind Erzähltheorie (Narrativik) und Lyrik, vornehmlich im 19. Jahrhundert und zur Jahrtausendwende. Ein Schwerpunkt ist das Phänomen der Zeitlichkeit. Dabei verbindet Huber historisch-kulturwissenschaftliche Positionen mit ästhetischem Formbewusstsein. Sie hinterfragt nicht nur Gemeinplätze herkömmlicher Genretheorie, sondern grundsätzlicher auch das in westlichen Gesellschaften vorherrschende narrative Zeitverständnis und dessen historische Wurzeln. Darüber hinaus liefert Huber wesentliche Anstöße zur grundsätzlichen Reflexion von Zeiterfahrung und -bewusstsein mittels künstlerischer Formprozesse. Ihre Habilitationsschrift zur englischen Dichtung des 19. Jahrhunderts führt dabei beispielhaft vor Augen, welchen Gewinn diese Betrachtung auch methodologisch hat.

Privatdozent Dr. Christian Maier, Wirtschaftsinformatik, Otto-Friedrich-Universität Bamberg

Über Praktiken der digitalen Transformation sowie deren Auswirkungen auf Nutzerinnen und Nutzer und Unternehmen forscht Christian Maier. Seit seiner Promotion widmet er sich insbesondere dem Phänomen Technostress. Dieses tritt auf, wenn sich Nutzerinnen und Nutzer durch neue technische Geräte oder Systeme überfordert fühlen. Maier untersucht, warum und wie lange digitale Technologien in privaten und organisationalen Kontexten eingesetzt werden und warum die Nutzung beendet wird. Dabei bedient er sich verschiedener quantitativer und qualitativer Forschungsmethoden, zu deren Weiterentwicklung er ebenfalls beiträgt. Zu Beginn von Maiers Befassung mit der Thematik war diese in der wissenschaftlichen Diskussion noch wenig präsent. Maier hat einen maßgeblichen Anteil daran, dass sich das Forschungsfeld seitdem stark entwickelt hat – im Rahmen der Coronavirus-Pandemie und der damit verbundenen Verlagerung vieler Aktivitäten ins Digitale, haben seine Arbeiten zu Technostress zusätzlich an Bedeutung gewonnen.

Dr. Tobias Meng, Theoretische Festkörperphysik, Technische Universität Dresden

Tobias Meng befasst sich mit Phänomenen der topologischen Physik und dem Verhalten topologischer Quantenmaterialien – ein Thema, das aktuell zu den wichtigsten Forschungsbereichen der Festkörperphysik zählt. Hierzu hat er bahnbrechende Arbeiten verfasst; seine Publikation zu Weyl-Supraleitern beispielweise legte als erste tief gehende Analyse den Grundstein für das Verständnis dieser komplexen Systeme. Innerhalb dieses Feldes ist Meng sowohl thematisch als auch methodisch außergewöhnlich breit aufgestellt: Er beschäftigt sich mit Supraleitung ebenso wie mit stark korrelierten Systemen oder Transportphänomenen und Quantencomputing – und nutzt das ganze Spektrum von der Modellierung nanoskopischer Systeme bis hin zu dreidimensionalen Bulk-Materialien. Meng ist Leiter der DFG-geförderten Emmy Noether-Gruppe „Quantendesign“.

Dr. Jonas Warneke, Physikalische Chemie, Universität Leipzig

Jonas Warneke ist es durch große Zielstrebigkeit und außergewöhnliche Kreativität in kurzer Zeit gelungen, seine Vision eines neuen interdisziplinären Forschungsfelds zu realisieren: Die von ihm entwickelte Materialsynthese mit molekularen Fragmentionen – also geladenen Molekülfragmenten, die in einem Massenspektrometer erzeugt werden – hat das Potenzial, die weite Lücke zwischen der Gasphasenionenchemie und der synthetischen Chemie zu überbrücken. Insbesondere die Art und Weise, wie Materialien mit maßgeschneiderten Eigenschaften erzeugt werden können, wird auf diese Weise revolutioniert. Während seiner Zeit als Postdoktorand in den USA entwickelte Warneke die „Ion Soft Landing“-Methode maßgeblich weiter, die die Basis für seine Entdeckungen zu selbst organisierenden Schichten legte. Parallel dazu erarbeitete Warneke fundamentale Konzepte zur Chemie der sogenannten superelektrophilen Anionen.

Weiterführende Informationen

Die Verleihung der Heinz Maier-Leibnitz-Preise 2022 findet am 3. Mai in Berlin statt und wird per Livestream auf dem YouTube-Kanal der DFG übertragen. Vertreterinnen und Vertreter der Medien erhalten im Vorfeld der Veranstaltung weitere Informationen.

Informationen zu den Preisträgerinnen und Preisträgern 2022 in Kürze unter:

Kontakt:

  • Presse- und Öffentlichkeitsarbeit der DFG
    Tel. +49 228 885-2109

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