Information für die Wissenschaft Nr. 106 | 27. November 2023

Schwerpunktprogramm „Sensorintegrierende Maschinenelemente als Wegbereiter flächendeckender Digitalisierung“ (SPP 2305)

Der Senat der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG) hat im Mai 2020 die Einrichtung des Schwerpunktprogramms „Sensorintegrierende Maschinenelemente als Wegbereiter flächendeckender Digitalisierung“ (SPP 2305) beschlossen. Als Laufzeit sind sechs Jahre vorgesehen. Die DFG lädt hiermit ein zur Antragstellung für die zweite dreijährige Förderperiode.

Problemstellung

Um die flächendeckende Digitalisierung zu beschleunigen, werden umfangreiche und zuverlässige Daten zum Betriebszustand technischer Systeme benötigt. Da sich in praktisch jedem technischen System in direkter Prozessnähe standardisierte Maschinenelemente befinden, wie z. B. Schrauben, Lager, Zahnräder, Dichtungen und Welle-Nabe-Verbindungen, ist das Ziel des SPP 2305, Sensorsysteme in Maschinenelemente für prozessrelevante Messaufgaben zu integrieren, um Daten in-situ zu erfassen, auszuwerten und zu übertragen. Kern des SPP 2305 ist die Integration autonomer Sensorsysteme in „gewöhnliche“ Maschinenelemente und deren Systemintegration. Die Integration des Sensorsystems darf die Systematik der geometrischen Schnittstellen des Maschinenelements nicht verändern, damit das sensorintegrierende Maschinenelement (SiME) generisch und domänenübergreifend nutzbar bleibt. Der reine Anbau eines Sensors ist nicht gewünscht.

Wissenschaftliche Ziele

Im Rahmen dieses Schwerpunktprogramms werden die wissenschaftlichen Grundlagen für SiME und deren methodisch gestützte Konzeptionierung und Systemintegration erforscht. Im Fokus stehen „gewöhnliche“ Maschinenelemente als standardisierte Basiselemente des Maschinenbaus mit definierter Gestalt und Auslegung, welche im Allgemeinen nicht ohne den Verlust ihrer Primärfunktion zerstörungsfrei zerlegbar sind.

In der ersten Förderperiode lag ein wesentlicher Forschungsschwerpunkt auf der systematischen und wissenschaftlich fundierten Analyse von physikalischen Effekten und begleitenden Phänomenen, welche in SiME und bei deren Integration in das jeweilige Zielsystem auftreten und potenziell genutzt werden können. Auch die frühzeitige und objektive Bewertung der Auswirkungen der Sensorintegration auf die Primärfunktion des Maschinenelements stand im Fokus. Die Integration von Datenerfassung und -analyse in die Maschinenelemente sollte die mechanischen Funktionen und die Systematik der üblichen Schnittstellen nicht beeinträchtigen. Ein erster Funktionsnachweis eines neuartigen sensorischen Prinzips für ein einfaches Maschinenelement und das Aufzeigen von Lösungen für die erkannten Herausforderungen des Energiehaushalts des autonom betriebenen SiME wird für die erfolgreiche Antragstellung in der zweiten Förderperiode vorausgesetzt.

Der Fokus der zweiten Förderperiode liegt darauf, SiME, für die bereits der erste prinzipielle Funktionsnachweis erbracht wurde, in autonom arbeitende SiME zu überführen und deren Funktionszuverlässigkeit im Zielsystem nachzuweisen. Die SiME sollen bei realistischen Anwendungsbedingungen sinnvoll gewählte Zuverlässigkeitsanforderungen an die sensorische Funktion erfüllen. Der Nachweis der Bauteilzuverlässigkeit zur Sicherstellung der Primärfunktion des Maschinenelements wird als experimentelle Vorarbeit erwartet.

Die resultierende wissenschaftliche Herausforderung der zweiten Förderperiode liegt in der Erarbeitung eines Rahmenwerks zur Gestaltung und Simulation des SiME inklusive seiner informationstechnischen Komponenten und deren effizienter Integration in ein Gesamtsystem. Dieses Rahmenwerk soll die etablierten Standards zur mechanischen Auslegung in geeigneter Form ergänzen.

Arbeitsprogramme und Eingrenzung

Das Arbeitsprogramm der zweiten Förderperiode muss die Energieversorgung und Kommunikation der Sensorsysteme in SiME sowie den Nachweis der Funktionszuverlässigkeit von SiME-Prototypen adressieren. SiME sollen unter Beibehaltung der mechanischen Primärfunktion konstruktiv in das Zielsystem integriert werden und sich barrierefrei durch Nutzung existierender Protokolle in die Datenerfassung und -verarbeitung auf Systemebene einfügen. Das integrierte Sensorsystem soll Messwerte erfassen, diese mit geeigneten Algorithmen energieeffizient reduzieren und anschließend zuverlässig und sicher drahtlos übertragen. Die Datenübertragung und die Energieversorgung des SiME soll auf Basis des derzeitigen Stands der Forschung drahtlos erfolgen und dessen autonomen Betrieb unter Berücksichtigung von Energie- und Wärmehaushalt während der typischen Lebensdauer des Maschinenelements ermöglichen. Die Software zum Betrieb des SiME-Sensorsystems muss sich drahtlos aktualisieren und bei gleichbleibenden Kommunikationsschnittstellen erweitern lassen.

Die Nutzung der SiME soll nicht auf bestimmte Szenarien oder proprietäre Anwendungen eingeschränkt werden. Die Einbindung und Nutzung der gewonnenen Informationen in KI-Systemen und die Gesamtprozessregelung des Systems sind ebenso wenig Gegenstand des Schwerpunktprogramms wie eine detaillierte Ausarbeitung von Nutzungsszenarien und Algorithmen zur Auswertung.

Die Erforschung der fertigungstechnischen Fragestellungen für SiME, die Fertigungsprozessentwicklung sowie die Fertigungstechnologieentwicklung stehen nicht im Fokus. Die Projekte sollen aber ein Grobkonzept zur Fertigung von Prototypen zur Anforderungsermittlung für den SiME Herstellprozess beinhalten.

Die Entwicklung spezieller mikroelektronischer oder sensorischer Bausteine oder von proprietären Protokollen zur Datenübertragung steht nicht im Fokus. Vielmehr sollen vorhandene Komponenten aus dem aktuellen Stand der Technik oder der Forschung sowie bestehende Protokolle zur Datenübertragung unter Nutzung der Erkenntnisse aus der ersten Förderperiode genutzt werden.

Die bekannten Prinzipien des Energy-Harvestings und -Managements zur Energieversorgung des integrierten Sensorsystems sowie die Protokolle zur sicheren Datenübertragung sollen aufbauend auf dem Stand der Forschung für die Anwendung im SiME ausgewählt und gegebenenfalls angepasst werden. Der SiME-Energiehaushalt ist grundlegend in die Konzeptionierung einzubeziehen, um den energieautonomen Betrieb sicherstellen zu können. Die Erforschung oder Entwicklung neuartiger Energy-Harvester oder Energiespeicher steht nicht im Fokus.

Für die SiME-Prototypen ist ein schrittweiser Nachweis der Funktionszuverlässigkeit im mechatronischen System zu führen, die Zuverlässigkeitsforderung ergibt sich aus dem Systemkontext. Dabei sind die Funktionen der Energieversorgung, der prozessnahen Datenauswertung und
-übertragung auch bei widrigen Bedingungen, wie extremen Temperaturen, Ölnebel und Fliehkräften, sicherzustellen. Die elektromagnetische Verträglichkeit der Komponenten im Sensorsystem ist sicherzustellen. Eine Vereinfachung der Energieversorgung oder des Datentransfers durch kabelbasierte Lösungen ist nicht zulässig. Kleine Akkumulatoren zum Stützen der Funktion sind in Verbindung mit Energiewandlern eventuell notwendig. Die Lebensdauer des SiME darf durch die Kapazität des Energiespeichers nicht begrenzt werden.

Zusätzlich müssen die Methoden zur Integration der SiME sowohl in das mechatronische Zielsystem als auch in lokale, drahtlose Kommunikationsnetzwerke vorausgedacht und erarbeitet werden. Dabei müssen die Anforderungen an die Messaufgabe, die Eigenschaften der SiME und des Gesamtsystems gleichermaßen berücksichtigt werden. Zur Authentifizierung des SiME in einem lokalen, drahtlosen Kommunikationsnetzwerk sollen die konstruktiven Merkmale des SiME, z. B. mittels des etablierten REXS-Standards, beschrieben und mit dem Zielsystem ausgetauscht werden. Zur Absicherung ist eine Analyse- bzw. Testumgebung erforderlich, um die Funktionszuverlässigkeit des SiME anhand physischer Modelle am physischen Prüfstand zu erproben.

Aufgrund der komplexen Herausforderungen ist eine interdisziplinäre Zusammenarbeit erforderlich. Daher werden Verbundvorhaben unterschiedlicher Disziplinen besonders zur Antragstellung ermutigt.

Vorbereitungskolloquium

Zur Vernetzung potenzieller Antragstellerinnen und Antragsteller sowie zur Unterstützung der individuellen Antragstellung richten die Initiatoren für alle interessierten Forscherinnen und Forscher am 19. Februar 2024 ein Kolloquium aus. Das Kolloquium wird als Videokonferenz durchgeführt. Die Teilnahme ist für die Antragsberechtigung im Schwerpunktprogramm keine Voraussetzung. Bitte melden Sie sich bei Interesse bis zum 5. Februar 2024 beim Koordinator der zweiten Periode des Schwerpunktprogramms (Kontakt siehe unten) an.

Antragstellung

Reichen Sie Ihren Antrag für die zweite Förderphase bitte bis spätestens 30. April 2024 bei der DFG ein. Die Antragstellung erfolgt ausschließlich über das elan-Portal zur Erfassung der antragsbezogenen Daten und zur sicheren Übermittlung von Dokumenten. Sofern Sie beabsichtigen, einen Neuantrag einzureichen, wählen Sie bitte unter „Antragstellung – Neues Projekt – Schwerpunktprogramm“ im elektronischen Formular aus der angebotenen Liste „SPP 2305 – Sensorintegrierende Maschinenelemente als Wegbereiter flächendeckender Digitalisierung“ aus.

Handelt es sich bei dem Antrag innerhalb dieses Schwerpunktprogramms um Ihren ersten Antrag bei der DFG, beachten Sie, dass Sie sich vor der Antragstellung im elan-Portal registrieren müssen. Ohne Registrierung bis zum 23. April 2024 ist eine Antragstellung nicht möglich. Bitte wählen Sie im Registrierungsformular bei den abschließenden Angaben ebenso wie bei der Antragstellung Ihr Schwerpunktprogramm aus der angebotenen Liste der Ausschreibungen aus. Die Bestätigung der Registrierung erfolgt in der Regel bis zum darauffolgenden Arbeitstag.

Antragstellerinnen und Antragsteller, die bereits gefördert werden und einen Fortsetzungsantrag stellen wollen, müssen den Antrag über die Registerkarte „Antragstellung – Antragsübersicht/Fortsetzungsantrag“ einreichen. Hier wird Ihr in der Förderung befindliches Projekt angezeigt und Sie können Ihren Fortsetzungsantrag stellen.

Berücksichtigen Sie bitte beim Aufbau Ihres Antrags das DFG-Merkblatt 54.01 zu Sachbeihilfen mit Leitfaden für die Antragstellung und die Hinweise im Merkblatt Schwerpunktprogramm 50.05, Teil B.

Die DFG begrüßt ausdrücklich Antragstellungen von Forschenden aller Geschlechter und sexueller Identitäten, aus verschiedenen ethnischen, kulturellen, religiösen, weltanschaulichen oder sozialen Hintergründen, verschiedener Karrierestufen, Hochschultypen und Forschungseinrichtungen sowie mit Behinderung oder chronischer Erkrankung. Im Hinblick auf den fachlichen Schwerpunkt dieser Ausschreibung fordert die DFG insbesondere Wissenschaftlerinnen explizit auf, Anträge zu stellen.

Weiterführende Informationen

Detaillierte Informationen zum Schwerpunktprogramm erhalten Sie im Internet unter:

Das elan-Portal der DFG zur Einreichung der Anträge finden Sie unter:

Die Merkblätter DFG-Vordruck 50.05 und 54.01 stehen unter:

Inhaltliche Fragen beantwortet Ihnen der Koordinator des Schwerpunktprogramms:

  • Professor Dr.-Ing. Eckhard Kirchner
    Technische Universität Darmstadt
    Fachbereich Maschinenbau, Fachgebiet Produktentwicklung und Maschinenelemente
    Otto-Berndt-Straße 2
    64287 Darmstadt
    Tel. +49 6151 16-21171

Auskünfte zur Antragstellung bei der DFG erteilen:

Fachlich:

Formal: