Für Sie gelesen: Day One Project fordert ein NSF-Pilotprojekt zur Vergabe von Forschungsmitteln auf Zufallsbasis

(30.03.22) Das Day One Project und das Institute for Progress plädieren gemeinsam in einem Paper dafür, einen Teil der von der National Science Foundation (NSF) bewilligten Forschungsmittel durch ein Lotterieverfahren zu vergeben. Man erhoffe sich davon eine größere Vielfalt in den geförderten Projekten, eine bessere Nutzung bislang noch unzureichend genutzter Forschungspotenziale und insgesamt eine höhere Effizienz im System. Die vier Autoren des Papers kritisieren das bisherige unausgewogene und zeitaufwändige Vergabefahren und sind überzeugt: „Our nation’s methods of supporting new ideas should evolve alongside our knowledge base.”

Die im U.S. Innovation and Competition Act (USICA) des Senats und im America COMPETES Act des Repräsentantenhauses vorgesehenen milliardenschweren Zuwächse im NSF-Budget ermöglichten eine Steigerung der Forschungsproduktivität der USA nur unter der Voraussetzung, dass man sich effizienteren und inklusiveren Wegen der Forschungsförderung öffne. Daher schlagen die Autoren in einem zweiteiligen Aktionsplan die Ergänzung der Gesetzesentwürfe um Formulierungen vor, die erstens den Einsatz von „Grant Lotteries“ in allen NSF-Direktoraten gestattet und zweitens durch die evidenzbasierte Auswertung solcher Pilotprojekte Ansätze für ein effektiveres Vergabesystem überprüft.

Die USA seien in der Grundlagenforschung nicht mehr weltweit führend und verzeichneten eine seit Jahren sinkende Forschungsproduktivität. Der streng leistungsbasierte Begutachtungsprozess der NSF gelte seit zwar nach wie vor als weltweiter Standard zur Beurteilung der Förderungswürdigkeit eingereichter Forschungsprojekte, doch würden neue Umstände – etwa die erhebliche Zunahme der Zahl von Principal Investigators – mittlerweile das in den 50er Jahren entwickelte Peer-Review-Verfahren stark herausfordern. Forschende würden viel Zeit beim Schreiben von Förderanträgen verbringen – im Paper ist die Rede ist von 45 % – und das Peer-Review-Verfahren mit seiner konsensorientierten und punktebasierten Begutachtung neige deutlich zur Förderung von inkrementeller Forschung (more of the same).

Potenziale risikoreicherer, neuartiger Forschung blieben auf diese Weise weitgehend ungenutzt. Zudem sei eine Reserviertheit bei der Bewertung interdisziplinärer Forschungsvorhaben und Forschenden mit nur wenig umfangreicher Fördergeschichte sowie die Ermüdung von Gutachtenden zu beobachten. Das Ergebnis müsse beunruhigen: Analysen deuteten darauf hin, dass mit sinkenden Förderquoten der Ertrag geförderter Projekte unterhalb dessen liegen könne, was bei risikofreudigerer Vergabe hätte erreicht werden können. Statt also die internationale Wettbewerbsfähigkeit amerikanischer Forschung durch eine einmalige Investition in die NSF zu sichern, wie es derzeit politisch diskutiert werde, fordern die Autoren deshalb, das traditionelle Peer-Review-Verfahren gezielt um Förderungslotterien zu ergänzen. Diese könnten das gesamte Kosten-Nutzen-Verhältnis des Forschungsförderungssystems dadurch verbessern, dass nach Zufallsprinzip ein geringer Prozentsatz qualitativ hochwertiger, aber nicht geförderter Anträge zur Förderung auswählt würde. Mit dem Verweis auf größtenteils positive Resultate ähnlicher Versuche in Neuseeland, Deutschland und der Schweiz hoffen die Autoren, dass ein entsprechendes NSF-Pilotprojekt innovative, bahnbrechende wissenschaftliche Ideen in bislang in der Förderung unterrepräsentierten Bevölkerungsgruppen und Regionen freisetzen könnte.