(25.08.21) Bei der 21. Jahrestagung des German Academic International Network (GAIN) vom 25. bis 27. August trafen Postdocs und Early Career Researchers virtuell auf internationale Forschende sowie auf hochrangige Vertreterinnen und Vertreter von Wissenschaft, Politik und Wirtschaft in Deutschland.
Die GAIN-Jahrestagung ist inzwischen ein Klassiker unter den Netzwerktreffen für Wissenschaftskarrieren in Deutschland. „And classics are classics because what they promote remains topical: networking, dialogue and an open-minded attitude are fundamental to any kind of high quality research”, sagte die Präsidentin der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG), Professorin Dr. Katja Becker, über den Kern der GAIN-Initiative und die gemeinsame jährliche Veranstaltung des Deutschen Akademischen Austauschdienstes (DAAD), der Alexander von Humboldt-Stiftung (AvH) sowie der DFG. Becker warb für den Wissenschaftsstandort Deutschland, der viel Anlass zu Optimismus gebe, da er exzellent und divers sei und zugleich einen außergewöhnlich hohen Grad an Wissenschaftsfreiheit biete.
Wissenschaftsfreiheit und gute Fördermöglichkeiten als Argumente dafür, wissenschaftliche Karrieren in Deutschland fortzusetzen, waren auch zentrale Stichworte der Diskussion mit Mitgliedern aller Fraktionen des Deutschen Bundestags. Lediglich die AfD war trotz einer Einladung nicht in der Runde vertreten, die Teil eines breiten Angebots zur Information und Beratung der rund 1000 Teilnehmerinnen und Teilnehmern der zweiten virtuellen Ausgabe von GAIN bildete. Deutschland sei im internationalen Vergleich mit jährlichen Ausgaben von 3 Prozent des Bruttoinlandprodukts für Forschung und Entwicklung sowie mit den verschiedenen Pakten zur Forschungsförderung sehr gut aufgestellt, waren sich die Bundestagsmitglieder trotz unterschiedlicher Einschätzungen in einzelnen Sachfragen einig. Mit der steigenden Zahl globaler Problemlagen wie dem Klimawandel, Demokratie- und Migrationsfragen und nicht zuletzt auch durch die Coronavirus-Pandemie wachse zudem die Bedeutung von Wissenschaft und auch der Bedarf an guten Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern, so der Vorsitzende des Ausschusses für Bildung, Forschung und Technikfolgenabschätzung, Dr. Ernst Dieter Rossmann (SPD).
Einen Wettbewerbsnachteil insbesondere gegenüber den USA und somit Aufholbedarf sah unter anderen Kai Gehring (Bündnis 90/Die Grünen) weiterhin bei der Willkommenskultur in Deutschland. Institutionen wie der DAAD und die AvH sollten in die Pakte mit aufgenommen werden, administrative Hürden bei der Visumsvergabe und bei der Anerkennung internationaler Studien- und Berufsabschlüsse abgebaut und sämtliche Vielfältigkeitsdimensionen deutlich stärker in der Breite des Wissenschaftssystems berücksichtigt werden. Außerdem, auch hier war man sich parteiübergreifend einig, gelte es weiterhin, den Fokus auf die Lage der Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler in frühen Phasen ihrer Karriere zu richten und deren Rahmenbedingungen weiter zu verbessern.
Schließlich waren die Bundestagsmitglieder ihrerseits neugierig zu erfahren, wie sich die Situation in den USA „nach Trump“ entwickelt habe. Benedikt Brisch vom DAAD berichtete von einer andauernden großen Erleichterung über die Versachlichung der Debatten und eine deutlich geringere Wissenschaftsfeindlichkeit. Wegen der Pandemie sei die Lage an den Hochschulen dennoch angespannt, da die Abhängigkeit von privaten Mitteln sie angreifbar für Veränderungen mache. Hierbei hätten große Universitäten einen größeren Spielraum, als kleinere, wobei auch die Frage der extrem hohen Studiengebühren von 50 bis 70 Tausend Dollar an den Eliteuniversitäten zu hitzigen sozialen Auseinandersetzungen führten.
Wie die politischen Debatten ist auch der Empfang der DFG für die Stipendiatinnen und Stipendiaten ein integraler Bestandteil von GAIN. DFG-Generalsekretärin Dr. Heide Ahrens begrüßte die rund 100 Teilnehmerinnen und Teilnehmer indem sie feststellte, dass bei aller inzwischen gewonnenen Übung im virtuellen Miteinander bei der Übertragung ins Digitale immer auch ein gewisses Maß an Improvisation gebraucht werde. „Improvisation brauchen wir in der Forschung und auch im sozialen Miteinander, beim einander Kennenlernen und Vernetzen“, sagte Ahrens. Um besser zu verstehen, wie sich die eigenen Improvisationspotenziale heben lassen, empfehle es sich, von den Meistern der Improvisation, den Größen der Jazzmusik zu lernen.
Dies näher zu erläutern, war Ziel des Impulsvortrags von Dr. Joachim „Jo“ Junghanss, Associate Director und Leiter Jazz und Pop am Konservatorium in Amsterdam. Am Beispiel von „Straight, No Chaser“, einer Komposition des amerikanischen Jazz-Musikers Thelonius Monk, erklärte Junghanss das Spannungsfeld von Improvisation und Struktur in der improvisierten Musik wie auch in der Karriereplanung. Junghanss beendete seinen Vortrag mit einem weiteren Stück von Monk und einer ermutigenden Botschaft: Der Titel „Well, You Needn’t“ würde unter Jazzern gelegentlich als „Well, you needn’t worry about any changes“ verstanden (gemeint sind Akkordwechsel). Der wissenschaftliche Nachwuchs könne sich gleichermaßen auf seine bereits sehr ausgeprägten Talente verlassen, weshalb man ihm auch zurufen könne: „Well, you needn’t worry about your career“.
Durch den Abend führte Dr. Ulrike Eickhoff, Leiterin der Abteilung Programm- und Infrastrukturförderung der DFG. Der Abend wurde von den Stipendiatinnen und Stipendiaten sehr positiv aufgenommen und erfüllte seinen Sinn – die Vernetzung – auch in der digitalen Variante in kleineren Austauschrunden hervorragend.
Darüber hinaus bot GAIN21 den Early Career Researchers ein breites Angebot zur Information, Beratung und Vernetzung, das rege in Anspruch genommen wurde: Auf der „Talent Fair“ standen ihnen über 50 Einrichtungen aus der Forschung und Wirtschaft mit Auskünften und offenen Stellen zur Verfügung. Die drei veranstaltenden Förderorganisationen informierten über ihre Förderprogramme. In zahlreichen Workshops und Plenarveranstaltungen wurde über Themen rund um die Karriere in und auch außerhalb der Wissenschaft informiert und diskutiert. Eine Coffee Lounge sowie eine Netzwerkplattform ermöglichten den spontanen und informellen Austausch. Nicht zuletzt gab es bei GAIN auch wieder unterhaltsame Wissenschaftskommunikation: In einem digitalen Science Slam präsentierten sechs Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler aktuelle Forschungsergebnisse. Das Preisgeld von 3.000 Dollar erhielt Sebastian Markert von der Johns Hopkins Universität in Baltimore für seinen Beitrag „What happens when we close our eyes?”, indem er darüber sprach, was beim Schließen der Augen auf der Netzhaut geschieht.
Wie im vergangenen Jahr, offenbarte das virtuelle Format der GAIN-Jahrestagung mit einer hohen Zahl von Teilnehmerinnen und Teilnehmern ein großes Interesse am Netzwerktreffen für Wissenschaftskarrieren in Deutschland auch unter Postdocs außerhalb Nordamerikas. So wird sich der Klassiker, um weiterhin aktuell zu bleiben, im Jahr 2022 ein Stück weit erneuern, indem die GAIN22 erstmals in Deutschland, in der Bundesstadt Bonn, stattfinden wird. Zielgruppen sind dann Promovierende und Postdocs aus ganz Europa.