Gleich vier Nachwuchswissenschaftlerinnen aus den Geowissenschaften zeichnete die Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) im Jahr 2010 mit dem Bernd Rendel-Preis aus. Die Forscherinnen, die aus 27 Vorschlägen ausgewählt wurden, haben bereits früh in ihrer wissenschaftlichen Karriere wichtige und originelle Beiträge zur geologischen Grundlagenforschung geleistet. Der Bernd Rendel-Preis ist mit je 2000 Euro dotiert und soll den Preisträgerinnen die Teilnahme an internationalen Kongressen und Tagungen ermöglichen. Die jungen diplomierten, aber zum Zeitpunkt der Antragstellung noch nicht promovierten Forscherinnen erhalten den Preis für herausragende Diplomarbeiten, laufende Dissertationen oder andere Forschungsarbeiten.
Die Preise wurden am 10. Oktober 2010 im Rahmen der Jubiläumsveranstaltung zum 100-jährigen Bestehen der Geologischen Vereinigung in Frankfurt am Main verliehen.
Juliane Hinz beschäftigt sich mit der Rekonstruktion fossiler Wälder. In ihrer Diplomarbeit hat sie mithilfe moderner 3D-Techniken aus Funden einen oberjurassischen Araukarienwald aus dem chinesischen Junggar-Becken abgebildet. Dabei modellierte sie die einzelnen Pflanzen detailgetreu und führte diese dann mit Geländedaten zusammen, um ein möglichst wirklichkeitsgetreues Bild des Waldes zu erhalten. Ihre Arbeitsweise, moderne Modellierungsmethoden auf die Pa¬läontologie anzuwenden, ermöglicht ein umfassenderes Verständnis von Paläo-Ökosystemen. In einem weiteren Themenschwerpunkt vergleicht Juliane Hinz die Biomechanik des Hüftgelenks von Dinosauriern und Säugetieren. Bei Säugetieren bildet das Becken eine stabile Querverbindung, während die Beckenknochen der meisten Dinosaurier nicht verbunden waren. Eine detaillierte Analyse soll klären, was dieser Unterschied für die Bewegungsmuster von Dinosauriern und Säugetieren bedeutet.
Olga Narygina ist eine Grenzgängerin zwischen Physik und Mineralogie. In ihrer Doktorarbeit am Bayerischen Geoinstitut untersuchte sie mit außergewöhnlichem Geschick die Beschaffenheit des Erdkerns in Experimenten unter extremen Drücken und Temperaturen. Ihre Arbeiten trugen unter anderem zu der Entdeckung bei, dass der überwiegende Teil der Minerale im Erdkern trotz hohen Drucks für Wärme und Licht transparent bleiben. Daher könnte der Wärmefluss vom Erdkern in den Erdmantel bis zu 50 Prozent höher sein als bislang angenommen. Diese Erkenntnisse liefern einen wichtigen Beitrag für das Verständnis der Entstehung von sogenannten thermalen „Superplumes“ im Erdmantel. Weiterhin beschäftigt sich Frau Narygina mit Synchrotronstrahl-Untersuchungen von Silikat-Perowskit, dem Hauptbestandteil des unteren Erdmantels, unter den dort herrschenden Druck- und Temperaturbedingungen.
Die Grenze zwischen Erdmantel und -kruste war das Thema der Diplomarbeit von Rebekka Steffen. Sie kombiniert darin Bodenmessungen mit Satellitenmessungen im Gebiet Tian-Shan in Zentralasien und der Erdbebenregion Almaty (Kasachstan). Damit gelang es ihr, auch diese unzugängliche Region dreidimensional abzubilden und Aussagen über die Beschaffenheit der Erdkruste zu treffen. In ihrer Doktorarbeit befasst sich Steffen außerdem mit der Hudson Bay als einem der seismisch aktivsten Gebiete Kanadas. Dort untersucht sie vor allem die Interaktion zwischen abschmelzenden Gletschern und der Erdkruste. Ziel ist es, die Entstehung der Beben besser zu verstehen. Eine mögliche Anwendung der Erkenntnisse: Regionen für erdbebensichere Endlager radioaktiven Abfalls auszumachen.
Anhand von Muschelkrebsen auf dem Tibetischen Hochplateau untersucht Claudia Wrozyna langfristige Veränderungen der Umwelt sowie kurzfristige Ereignisse der letzten rund 8000 Jahre, die aus den Sedimenten des Nam Co-Sees auf dem „dritten Klimapol der Erde“ ableitbar sind. Denn die genaue Betrachtung einzelner sogenannter Ostrakoden sowie größerer Verbünde dieser Lebewesen ermöglicht es, sowohl das Paläoklima als auch die Zusammensetzung der Ökosysteme zu rekonstruieren. Ein Ziel ihrer Arbeit ist es herauszufinden, welchen Einfluss der Mensch auf die ökologischen Veränderungen dort und somit in der Folge auch auf das asiatische Monsunsystem hat.