Merian-Forschungskolleg in São Paulo erforscht das Zusammenleben in ungleichen Gesellschaften

(27.04.17) Am 3. April fand im Rektorat der Universität São Paulo (USP) die feierliche Eröffnung eines neuen Maria-Sibylla-Merian-Forschungskollegs statt. In der brasilianischen Metropole eingerichtet, wird das „Maria Sibylla Merian International Centre for Humanities and Social Sciences Conviviality in Unequal Societies: Perspectives from Latin America“ bis zu zwölf Jahre lang im Rahmen der Förderlinie zur Errichtung von Wissenschaftszentren in Asien, Afrika und Lateinamerika und der Karibik vom Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) finanziert.

(v.l.n.r.) Dr. Raul Machado, Dr. Sergio Costa, Axel Zeidler, Dr. Brigitta Schütt, Dr. Marco Antônio Zago, Dr. Barbara Potthast und Dr. Angela Alonso.

(v.l.n.r.) Dr. Raul Machado, Dr. Sergio Costa, Axel Zeidler, Dr. Brigitta Schütt, Dr. Marco Antônio Zago, Dr. Barbara Potthast und Dr. Angela Alonso.

Das Forschungskolleg ist an der USP angesiedelt und wird von einem internationalen Konsortium geführt. Die Koordination liegt bei der Freien Universität Berlin (FU Berlin), weitere Partner des Konsortiums sind die Universität zu Köln, das Ibero-Amerikanische Institut der Stiftung Preußischer Kulturbesitz, die Universität São Paulo, das Centro Brasileiro de Análise e Planejamento (Cebrap/Brasilien), das argentinische Instituto de Investigaciones en Humanidades y Ciencias Sociales (Universidad de La Plata/Conicet) und das mexikanische Colegio de México.

Der Projektantrag des Konsortiums zur Förderung wurde im Rahmen der Ausschreibung des BMBF im Oktober 2015 eingereicht und bewilligt. Aufgrund der Kompetenz des DFG-Büros Lateinamerika hinsichtlich wissenschaftlicher Kooperationen in dieser Region wurde für den Auswahl- und Begutachtungsprozess des Ministeriums ein Vertreter der DFG zurate gezogen.

Forschungsschwerpunkt des Kollegs werden die Herausforderungen des Zusammenlebens in von starker Ungleichheit sowie von kulturellen, religiösen und ethnischen Unterschieden geprägten Gesellschaften sein.

Das Wissenschaftszentrum ist unter anderem ein Ergebnis der bisherigen internationalen Wissenschaftskooperationen, wobei insbesondere das Internationalen Graduiertenkolleg „Entre Espacios“ zu nennen ist, das seit 2009 von der DFG und deren mexikanischer Partnerorganisation gefördert wird. Im Rahmen des Programms etablierte sich die Zusammenarbeit zwischen der FU Berlin und El Colegio de México – beide Einrichtungen sind am Konsortium des Forschungskollegs beteiligt und kooperieren auf institutioneller Ebene.

Aus Sicht der DFG trägt die Eröffnung des Forschungskollegs zur Stärkung der wissenschaftlichen Beziehungen in den Geistes- und Sozialwissenschaften zwischen Deutschland und Lateinamerika bei. Darüber hinaus werden sich damit Kooperationsmöglichkeiten für die zukünftige Zusammenarbeit zwischen herausragenden Forscherinnen und Forschern aus beiden Regionen eröffnen.

Forschungsgegenstand: Gesellschaftliche Unterschiede und Ungleichheit

Der Sprecher des Konsortiums, Prof. Dr. Sérgio Costa (FU Berlin), erklärte während der feierlichen Eröffnung, dass es keineswegs trivial sei, dass Atheisten und Gläubige, Sexisten, Homosexuelle und Transgender, ausländerfeindliche Personen und Migranten gemeinsam in derselben Stadt, mitunter sogar im selben Wohngebäude, lebten und daher auch physische und soziale Räume teilten. „Im neuen Kolleg möchten wir das zwischenmenschliche Miteinander in Kontexten erforschen, die nicht nur divers, sondern auch äußerst ungleich sind. Seit der Kolonialzeit sind Vielfalt und Ungleichheit zentrale Bestandteile lateinamerikanischer Gesellschaften“, so Costa.

Da Aspekte des Miteinanders auf verschiedenen Ebenen untersucht werden sollen, sind Forscherinnen und Forscher aus den Bereichen Kultur und Literatur sowie den Rechts- und Politikwissenschaften, der Soziologie, Philosophie, Geschichte, Wirtschaft und Geschlechterstudien am Forschungskolleg beteiligt. Die Förderrichtlinien des BMBF sehen eine Einrichtungsphase von drei Jahren vor, in der sich das Forschungsprogramm konkretisieren soll. Wird diese erfolgreich abgeschlossen, kann das Kolleg weitere sechs beziehungsweise neun Jahre gefördert werden. In diesem Zeitraum werden neben festem Personal für Koordination und Forschung auch jährlich etwa zehn Gastwissenschaftlerinnen und -wissenschaftler aus allen Regionen der Welt eingeladen, im Rahmen des Projekts zusammenzuarbeiten.

Zu den Zielen des neuen Forschungskollegs gehört unter anderem die Verringerung der Asymmetrie zwischen dem globalen Norden und dem globalen Süden in der Produktion und Verbreitung von Wissen. Darüber hinaus soll auch die wissenschaftliche Kooperation zwischen Deutschland und Lateinamerika, aber auch zwischen Brasilien und den spanischsprachigen Ländern gestärkt werden. „Angesichts der sozialen und politischen Bedeutung des Themas, mit dem wir uns beschäftigen, können wir ebenfalls einen Beitrag zu öffentlichen Debatten sowie zur Gestaltung einschlägiger Politiken leisten“, erläuterte Prof. Dr. Costa.

An der Eröffnungszeremonie nahm auch der Generalkonsul der Bundesrepublik Deutschland in São Paulo, Axel Zeidler, teil. Außerdem waren Vertreterinnen und Vertreter der beteiligten Institutionen geladen. Die USP war durch ihren Rektor Marco Antônio Zago und den Präsidenten der Abteilung für nationale und internationale wissenschaftliche Kooperation, Prof. Dr. Raul Machado, vertreten. Für die FU Berlin war Vizepräsidentin Prof. Dr. Brigitta Schütt anwesend sowie Prof. Dr. Barbara Potthast von der Universität zu Köln als Leiterin der Abteilung für iberische und lateinamerikanische Geschichte des Historischen Instituts. Das Cebrap wurde durch seine Präsidentin Prof. Dr. Angela Alonso vertreten.

Weitere Informationen zum Forschungskolleg finden Sie auf der Seite der Freien Universität Berlin: