Pressemitteilung Nr. 16 | 25. Mai 2021

DFG fördert elf neue Sonderforschungsbereiche

Themen reichen von der Konstruktion von Erklärbarkeit über die Tropopausenregion bis zur Humandifferenzierung / 138 Millionen Euro Fördermittel für zunächst vier Jahre

Themen reichen von der Konstruktion von Erklärbarkeit über die Tropopausenregion bis zur Humandifferenzierung / 138 Millionen Euro Fördermittel für zunächst vier Jahre

Die Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) richtet zur weiteren Stärkung der Spitzenforschung an den Hochschulen elf neue Sonderforschungsbereiche (SFB) ein. Dies beschloss der zuständige Bewilligungsausschuss, der wegen der Coronavirus-Pandemie per Videokonferenz tagte. Die neuen SFB werden ab dem 1. Juli 2021 zunächst vier Jahre lang mit insgesamt rund 138 Millionen Euro gefördert. Darin enthalten ist eine 22-prozentige Programmpauschale für indirekte Kosten aus den Projekten. Sieben der neuen Verbünde sind SFB/Transregio (TRR), die sich auf mehrere antragstellende Hochschulen verteilen.

Zusätzlich zu den elf Einrichtungen stimmte der Bewilligungsausschuss für die Verlängerung von 27 SFB um je eine weitere Förderperiode, darunter vier SFB/Transregio. Sonderforschungsbereiche ermöglichen die Bearbeitung innovativer, anspruchsvoller und langfristig konzipierter Forschungsvorhaben im Verbund und sollen damit der Schwerpunkt- und Strukturbildung an den antragstellenden Hochschulen dienen. SFB werden maximal zwölf Jahre gefördert. Ab Juli 2021 fördert die DFG insgesamt 282 SFB.

Die elf neuen Sonderforschungsbereiche im Einzelnen
(in alphabetischer Reihenfolge ihrer Sprecherhochschulen und unter Nennung der Sprecherinnen und Sprecher sowie der weiteren antragstellenden Hochschulen):

Für die Entwicklung und die Regeneration des Organismus müssen sich Zellen in hochgradig regulierter Weise vermehren. Der SFB „Molekulare Mechanismen von Zellzustandsübergängen“ untersucht das Zusammenspiel zwischen molekularen Signalen und den regulatorischen Schaltern, die gemeinsam Übergänge zwischen definierten Zellzuständen auslösen. Dieses bisher unzureichend verstandene Zusammenspiel erfüllt eine entscheidende Funktion bei der Teilung und beim Wachstum von Zellen und kann dadurch auch ausschlaggebend sein für die Entstehung von Krebs. (Universität Duisburg-Essen, Sprecher: Professor Dr. Hemmo Meyer)

Neue Methoden zur Erfassung und Auswertung biomedizinischer Prozesse und Bewegungsparameter des Menschen stehen im Mittelpunkt des SFB „Empathokinästhetische Sensorik – Sensortechniken und Datenanalyseverfahren zur empathokinästhetischen Modellbildung und Zustandsbestimmung“. Mittels drahtloser Hochfrequenzsensoren will der Verbund berührungslos Daten zu relevanten Vitalparametern wie Herz- und Atemfrequenz anhand der Bewegung des Brustkorbes ermitteln und die zugehörigen Abläufe im Körper untersuchen. Die äußerlich erfassten Informationen sollen mit den inneren biomechanischen und biomedizinischen sowie (psycho-)physiologischen Vorgängen verknüpft werden. Langfristiges Ziel ist es, neuartige Sensortechnologien zu entwerfen und damit Bewegungsdaten des menschlichen Körpers zu erfassen. (Universität Erlangen-Nürnberg, Sprecher: Professor Dr.-Ing. Martin Vossiek)

Strukturelle Fragen in der Geometrie und Arithmetik will der in der theoretischen Mathematik angesiedelte SFB/Transregio „Geometrie und Arithmetik uniformisierter Strukturen (GAUS)“ beantworten. Grundgedanke der Uniformisierung ist es, komplizierte geometrische Objekte durch einfachere zu ersetzen, ohne die lokale Struktur zu verändern. Die Vielschichtigkeit der ursprünglichen Objekte wird dabei in Berechnungen von zugehörigen Symmetriegruppen kodiert, die dann zur Untersuchung herangezogen werden können. Mit der Übersetzung der Komplexität in eine andere „Sprache“ will der Verbund neue Perspektiven auf die ursprünglichen Objekte schaffen und diese für zentrale geometrische und arithmetische Fragen nutzbar machen. (Universität Frankfurt/Main, Sprecher: Professor Dr. Jakob Stix; ebenfalls antragstellend: Universität Darmstadt, Universität Heidelberg)

Die Mechanismen, mit denen Tumorzellen das Immunsystem umgehen, sind in vielerlei Hinsicht noch ungeklärt. Bei der Entwicklung neuer Behandlungsmethoden für Tumorerkrankungen ist daher die Forschung an der für die Entstehung von Krebs bedeutsamen intrazellulären Signalübermittlung und an Immun-Escape-Mechanismen zentral. Der SFB „Onkogen-getriebener Immun Escape (OncoEscape)“ widmet sich diesen beiden oftmals getrennt untersuchten Forschungsfeldern. Langfristig verspricht sich der SFB neue Erkenntnisse über die Regulierung von Immunantworten durch Onkogene und möchte diese auch in die klinische Anwendung überführen. (Universität Freiburg, Sprecher: Professor Dr. Robert Zeiser)

Der SFB/Transregio „Sicherheitsintegrierte und infektionsreaktive Implantate“ überträgt Konzepte zur Überwachung von Belastungen und Schäden aus der Fertigungs- und Werkstofftechnik auf medizinische Implantate. Der SFB/Transregio will mit seiner Forschung langfristig die Implantat- und somit auch die Patientensicherheit erhöhen. Dafür entwickelt er Systeme, mit denen sich Beeinträchtigungen in der Funktionalität eines Implantats ermitteln lassen und mithilfe derer auf verschiedenste Komplikationen, wie Verschleiß oder Entzündungen, reagiert werden kann. Die neuen Systeme sollen unter vielfältigen biologischen, chemischen und mechanischen Bedingungen auf den Einsatz im Körper getestet werden. (MHH Hannover, Sprecherin: Professorin Dr. Meike Stiesch; ebenfalls antragstellend: Universität Hannover)

RNA-Modifikationen sind Veränderungen der chemischen Struktur von RNA-Bausteinen. Sie spielen eine Rolle für die Stabilität von RNA, deren Transport oder Lokalisierung innerhalb der Zelle. Der SFB/Transregio „RMaP: RNA-Modifikation und -Prozessierung“ will zu einem umfassenden Verständnis der RNA-Biologie beitragen, indem er untersucht, wie Modifikation und Prozessierung zusammen die RNA-Reifung bestimmen. Es soll unter anderem erforscht werden, welche Wirkung modifizierte RNA auf die Genexpression und damit beispielsweise auf die Proteinproduktion hat. (Universität Mainz, Sprecher: Professor Dr. Mark Helm; ebenfalls antragstellend: Universität Heidelberg)

Es ist ein grundlegendes kulturelles und soziales Phänomen, dass Menschen sich fortlaufend gegenseitig kategorisierend unterscheiden. Sie tun dies etwa nach Nationalität, Ethnizität, Religion, Alter, Geschlecht, Leistung oder sexueller Orientierung. Dieses Phänomen gewinnt an Relevanz unter den Bedingungen fortschreitender Globalisierung. Der SFB „Humandifferenzierung“ vergleicht und analysiert Differenzierungsformen des Menschen, um daraus eine allgemeine Theorie der zugrunde liegenden Prozesse zu entwickeln. Dabei betrachtet er auch die historischen Dimensionen des Themas und integriert die Analyse verschiedenster sozialer und kultureller Praktiken der Humandifferenzierung, wie etwa in der Sprache, in Artefakten und in Prozessen sozialer Organisation. (Universität Mainz, Sprecher: Professor Dr. Stefan Hirschauer)

Präzise Klimamodelle sind die Grundlage für verlässliche Prognosen zum Klimawandel. Die Vorhersagen sind unter anderem abhängig von der genauen Beschreibung der Atmosphäre im Höhenbereich von 10 bis 20 Kilometer – der oberen Troposphäre beziehungsweise der unteren Stratosphäre. Diesem Bereich der Atmosphäre widmet sich der SFB/Transregio „Die Tropopausenregion in einer Atmosphäre im Wandel“. Durch Messflüge, Laborexperimente und In-situ-Beobachtungen will er neue Datensätze erarbeiten und die komplexen Wechselwirkungen in der oben genannten Höhe der Atmosphäre erforschen. (Universität Mainz, Sprecher: Professor Dr. Peter Hoor; ebenfalls antragstellend: Universität Frankfurt/Main)

Die Herstellung einer Vielzahl von Alltagsgütern beruht auf der Synthese von grundlegenden Stoffen durch Katalysatoren. Die Photokatalyse ermöglicht hierbei Wege zu beschreiten, die mit klassischen Verfahren kaum zu erreichen sind. Der SFB/Transregio „Kontrolle der chemischen Photokatalyse durch Molekülverbände“ hat zum Ziel, eine neue Generation photokatalytischer Systeme für die organische Synthese durch Kontrolle der Wechselwirkungen zwischen dem Katalysator und den Reaktionspartnern zu entwickeln. Langfristig will er zur weiteren Einsparung von Energie und Ressourcen bei lichtgetriebenen Reaktionen beitragen. (TU München, Sprecher: Professor Dr. Thorsten Bach; ebenfalls antragstellend: Universität Regensburg)

Die Modifizierung von Lymphozyten zur Bekämpfung von Infektionen und Tumorerkrankungen erforscht der SFB/Transregio „LETSIMMUN – Lymphozyten Engineering für Therapeutische Synthetische Immunität“. Mit seinen Erkenntnissen will der Verbund einen Beitrag dazu leisten, Immuntherapien mit modifizierten Lymphozyten als medizinisch sichere und wirksame und für alle bedürftigen Patientinnen und Patienten zugängliche Behandlung zu etablieren, die in verschiedenen klinischen Bereichen angewendet werden kann. (TU München, Sprecher: Professor Dr. Dirk Busch; ebenfalls antragstellend: LMU München, Universität Würzburg)

Intelligente Systeme können durch textuelle, visuelle, akustische oder auch haptische Signale mit anderen Systemen, aber auch mit Menschen interagieren. Für diese Formen der Interaktion – etwa bei der Zusammenarbeit mit interaktiven Robotern oder der computergestützten Entscheidungsfindung bei medizinischen Therapien – ist es wichtig, algorithmenbasierte Entscheidungen nachvollziehbar und transparent zu gestalten, damit sie für den Menschen akzeptierbar sind. Dem Thema Erklärbarkeit als eine der dringenden Fragen in der Forschung an Mensch-Maschine-Interaktionen widmet sich der SFB/Transregio „Konstruktion von Erklärbarkeit“. Der Verbund nähert sich dem Thema mit einer neuartigen Theorie der Erklärung als soziale Praxis. So will er zu einem kontextuellen und situativen Verständnis von Erklären und Verstehen beitragen, das Mensch und Maschine, Gesellschaft und Kontext einbezieht. (Universität Paderborn, Sprecherin: Professorin Dr. Katharina Rohlfing; ebenfalls antragstellend: Universität Bielefeld)

Die 27 für eine weitere Förderperiode verlängerten SFB
(in alphabetischer Reihenfolge ihrer Sprecherhochschulen, unter Nennung der Sprecherinnen und Sprecher sowie der weiteren antragstellenden Hochschulen und mit Verweisen auf die Projektbeschreibungen in der DFG-Internetdatenbank GEPRIS zur laufenden Förderung):

Weiterführende Informationen

Medienkontakt:

  • Presse- und Öffentlichkeitsarbeit der DFG
    Tel. +49 228 885-2109

Weitere Informationen erteilen auch die Sprecherinnen und Sprecher der Sonderforschungsbereiche.

Ansprechpartner in der DFG-Geschäftsstelle:

  • Dr. Klaus Wehrberger
    Leiter der Gruppe Sonderforschungsbereiche, Forschungszentren, Exzellenzcluster
    Tel. +49 228 885-2355

Ausführliche Informationen zum Förderprogramm und zu den geförderten Sonderforschungsbereichen unter: