Für Sie gelesen: "The rise of ‘ARPA-everything’ and what it means for science"

(27.07.21) (Das in Science unter der Überschrift „ARPA-H: Accelerating biomedical breakthroughs” veröffentlichte Plädoyer von Francis Collins, Tara Schwetz, Lawrence Tabak und Eric Lander für eine ARPA-H innerhalb der NIH finden Sie ebenfalls in dieser Rubrik.)

Der Beitrag in Nature geht der Frage nach, wie sinnvoll die von der US-Regierung derzeit geplante Schaffung einer mit 6,5 Mrd. USD über drei Jahre ausgestatteten Advanced Research Project Agency-Health (ARPA-H) sei, durch die Ergebnisse öffentlich geförderter lebenswissenschaftlicher Forschung besser und schneller der Gesundheitsversorgung der Bevölkerung zur Verfügung stehen sollen. Die als Namenspatronin fungierende Defense Advanced Research Project Agency (DARPA) habe ja schließlich durch ihre Grundsteinlegung für das moderne Internet gezeigt, dass mit ausreichend Mitteln hinterlegtes Regierungshandeln durchaus effektiv sein könne. Das „DARPA-Modell“ werde nicht nur in den USA geklont, sondern auch in anderen Ländern: „Enamoured with the innovation that DARPA fostered in the United States, governments around the world, including in Europe and Japan, have attempted to duplicate the agency within their own borders. Most recently, the United Kingdom announced plans to create its version, the Advanced Research and Invention Agency (ARIA), with an initial allocation of £800 million (US$1.1 billion).”

Ein Blick auf wichtige Erfolge der DARPA mache deutlich, warum das Rezept gerne kopiert werde: Die 1958 als Reaktion auf den Sputnik-Schock gegründete Einrichtung habe 1963 den Grundstein zum GPS gelegt, 1966 den Grundstein zum Internet, 1988 die ersten Unmanned Aerial Vehicles (UAVs) über längere Strecken und Zeiträume betrieben und 2013 mit der Förderung eines Projekts der Firma Moderna bei den Voraussetzungen für die Entwicklung von mRNA-Impfstoffen geholfen. Ein erster, allerdings nicht erfolgreicher DARPA-Klon sei 2002 mit der Homeland Security ARPA eingerichtet worden, 2007 folgte die ARPA-Energy (ARPA-E) und in diesem Jahr plane die Regierung mit ARPA-H und ARPA-Climate zwei weitere Klone. Zu den im Ausland unternommenen Versuchen des DARPA-Rezepts zählt der Beitrag neben ARIA auch das mit 911 Mio. USD über fünf Jahre ausgestattete Programm „Moonshot“ in Japan und die mit 1,2 Mrd. USD über zehn Jahre ausgestattete Agentur für Sprunginnovation (SPRIND) in Deutschland.

Die noch offene Frage scheine aber zu sein, ob sich auch alle Probleme durch eine entsprechende ARPA lösen ließen. Da gäbe es im Hinblick auf eine in den National Institutes of Health (NIH) angesiedelte ARPA-H durchaus Zweifel, denn die Programmverantwortlichen müssten neben der Vergabe von Fördermitteln auch in der Lage sein, Forschungsgruppen zusammenzustellen und Fragestellungen zu untersuchen, die bis dahin von der Privatwirtschaft als zu wenig erfolgversprechend vernachlässigt worden seien. Forschungs- und Förderhandeln der NIH seien auf sehr viel kleinschrittigere Fortschritte ausgerichtet und die Einbettung einer ARPA-H in die NIH berge die Gefahr, dass das Innovationspotenzial eben nicht ausgeschöpft werde. Statt einer neuen Abteilung in den NIH bräuchte es schlanke, hierarchisch flache und risikofreudige Strukturen.
Ein weiterer Kritikpunkt sei das viel zu breit angelegte Mandat einer künftigen ARPA-H, das sich auf der einen Seite mit vielen privatwirtschaftlichen Investitionen in Forschung und Entwicklung überschneide, auf der anderen Seite aber seltene Krankheiten und/oder Probleme unterversorgter Bevölkerungsgruppen nicht beachte. Der goldene Mittelweg wird hier mit den Worten von Eric Toone beschrieben, der für die Einrichtung von ARPA-E mitverantwortlich war: „The trick is setting the scope broad enough so that program managers can wander intellectually and follow their noses, but not so broad that you try to boil the ocean.”