Treffen zur wissenschaftlich-technischen Zusammenarbeit zwischen Deutschland und Kolumbien in Bogotá

(24.05.19) In Bogotá versammelten sich am 13. und 14. Mai Vertreterinnen und Vertreter kolumbianischer und deutscher Institutionen anlässlich des dritten Treffens im Rahmen der wissenschaftlich-technischen Zusammenarbeit (WTZ) zwischen den beiden Ländern. Diskutiert wurden Themen zu Bildung, Wissenschaft und Technologie sowie neue Strategien zur Stärkung der Zusammenarbeit in diesen Bereichen.

Vertreterinnen und Vertreter kolumbianischer und deutscher Institutionen trafen sich in Bogotá

Vertreterinnen und Vertreter kolumbianischer und deutscher Institutionen trafen sich in Bogotá

© DFG

Den Vorsitz der Veranstaltung hatten auf kolumbianischer Seite der Vizeminister für Hochschulbildung des kolumbianischen Bildungsministeriums, Luis Fernando Pérez Pérez, sowie der Leiter der Förderorganisation COLCIENCIAS, Diego Hernández Losada. Auf deutscher Seite lag die Federführung bei dem Ministerialdirigenten für Internationale Kooperation des Bundesministeriums für Bildung und Forschung (BMBF), Frithjof Maennel, der vom deutschen Botschafter in Kolumbien, Peter Ptassek, begleitet wurde.

Vertreterinnen und Vertreter des BMBF und von COLCIENCIAS eröffneten die Gespräche, indem sie Bilanz aus den vergangenen drei Jahren zogen. Erwähnt wurden insbesondere die hervorragenden Ergebnisse des letzten Treffens im Jahr 2015, die eine beträchtlichen Zunahme der Kooperationen in strategischen politischen Bereichen, in der wissenschaftlichen Zusammenarbeit sowie im Bereich der öffentlich-privaten Partnerschaften zur Folge hatten.

Im akademischen Bereich wurden insbesondere Maßnahmen für eine über Mobilität und Austausch hinausgehende Zusammenarbeit erläutert, wobei auch auf Probleme wie Brain Drain in Kolumbien und dessen Bewältigung eingegangen wurde.

Die Leiterin des DFG-Büros Lateinamerika, Dr. Kathrin Winkler, wurde dafür zusammen mit anderen Vertreterinnen und Vertretern deutscher Organisationen eingeladen, um Zukunftsperspektiven für die wissenschaftliche Kooperation mit Institutionen in Kolumbien zu erörtern. Die kolumbianischen Teilnehmenden äußerten dabei besonderes Interesse an einer Förderung von Innovation und Forschung mit wirtschaftlichem und gesellschaftlichem Nutzen.

Winkler betonte in diesem Zusammenhang, dass diese Bereiche zwar in der Regel mit angewandter Forschung in Verbindung gebracht werden, die Grundlagenforschung jedoch gerade bei gesellschaftsrelevanten Fragestellungen eine wichtige Rolle spielt. Ein Beispiel dafür ist das von der DFG und COLCIENCIAS finanzierte Projekt mit dem Titel „Humanitarian Microwave Detection of Improvised Explosive Devices in Colombia (MEDICI)“. Deutsche und kolumbianische Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler arbeiten in diesem Projekt gemeinsam an einer Lösung für die von Landminen ausgehenden Gefahren.

Darüber hinaus wurde auch die Kooperation der DFG mit der Universidad de los Andes (Uniandes) vorgestellt, in deren Rahmen derzeit Projekte in den Bereichen Elektro- und Informationstechnik, Informatik und Zoologie gefördert werden.

Seit Januar dieses Jahres besteht außerdem eine Vereinbarung mit der Universidad de Antioquia (UdeA), die Möglichkeiten für neue bilaterale Projekte eröffnet.

Während der Gespräche unterstrich Winkler die Bemühungen zur Identifizierung weiterer zukunftsträchtiger Forschungsfelder für eine Ausweitung der deutsch-kolumbianischen Forschungskooperation auch auf Grundlage der Kooperation und gemeinsamen Förderinitiativen mit COLCIENCIAS.

Das MEDICI-Projekt

Im Rahmen des Projektes gefundene unkonventionelle Spreng- und Brandvorrichtungen

Im Rahmen des Projektes gefundene unkonventionelle Spreng- und Brandvorrichtungen

© MEDICI

Kolumbien ist das einzige Land in Lateinamerika, in dem bis heute noch regelmäßig Landminen gelegt werden. Von 1990 bis 2013 fielen dieser Praxis mindestens 10.253 Personen zum Opfer. Im Rahmen des zwischen 2014 und 2017 durchgeführten Forschungsprojekts erforschten insgesamt 14 Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler der Ruhr-Universität Bochum (RUB-EST), der Technischen Universität Ilmenau (TUI) sowie der Universidad Nacional de Colombia (UNC) und der Uniandes die gefährlichste Art dieser Fallen, die nach wie vor eine Bedrohung für die Bevölkerung darstellen: die unkonventionellen Spreng- und Brandvorrichtungen (Improvised Explosive Devices, IED).

Im Gegensatz zu herkömmlichen Landminen werden diese Vorrichtungen mit beliebigen Alltagsgegenständen gebaut, was zu unterschiedlichen Funktionsmechanismen führt und die Identifikation und Entschärfung erschwert. Um diese Problematik anzugehen, wurden während des MEDICI-Projekts neue und hochpräzise Methoden zur Ortung der Minen erforscht – unabhängig von deren Bestandteilen.

Wie viele internationale Kooperationen ist auch MEDICI aus einem Workshop entstanden, der 2012 abgehalten wurde. „Damals tauschten wir uns darüber aus, dass ein Projekt zur Lokalisierung von Landminen nicht nur aus wissenschaftlicher Sicht interessant wäre, sondern auch aus humanitärer Perspektive“, erzählt Dr. Christoph Baer, Projektkoordinator auf deutscher Seite und akademischer Rat an der RUB.

Genau dieser humanitäre Aspekt führte zu einer intensiveren Kommunikation außerhalb der Wissenschaft: „Wir müssen direkt mit den Menschen zusammenarbeiten, die die Räumung der Landminen vornehmen, damit sie Vertrauen in neue Technologien gewinnen. Erfahrungsgemäß ist ein Technologietransfer allein nicht ausreichend, und deshalb haben wir außerdem noch Vorträge an unseren Partnerhochschulen gehalten, um die nächste Generation kolumbianischer Ingenieurinnen und Ingenieure in ihrer Ausbildung zu dem Thema zu unterstützen“, so Baer.

Neben dem technologischen Fortschritt wurde im Rahmen des Projekts nach Einschätzung des deutschen Wissenschaftlers auch ein interkulturelles Verständnis gefördert. „Bei internationalen Forschungskooperationen verbinden sich kulturelle Aspekte, und man wird zu neuen Denkweisen angeregt – Kontakte mit Menschen aus der ganzen Welt bieten deshalb eine hervorragende Gelegenheit zur Relativierung von Stereotypen. Durch unsere gemeinsame Forschung entstehen dabei abwechslungsreiche Diskussionen und solide Beziehungen.“

Das MEDICI-Projekt war zudem Ausgangspunkt für die Einrichtung der „Special Interest Group on Humanitarian Technology (SIGHT) Germany Section“ des internationalen Ingenieurverbands IEEE, die ihren Sitz an der RUB hat. Die beteiligten Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler aus Deutschland und Kolumbien arbeiten derzeit an weiterführenden Forschungsprojekten sowie an einem akademischen Austauschprogramm. Baer ist optimistisch, dass dem Projekt eine ergiebige gemeinsame Zukunft bevorsteht.