Pressemitteilung Nr. 4 | 2. März 2020

Wichtigster deutscher Nachwuchspreis geht an vier Forscherinnen und sechs Forscher

DFG und BMBF vergeben Heinz Maier-Leibnitz-Preise 2020 / Verleihung am 5. Mai in Berlin

DFG und BMBF vergeben Heinz Maier-Leibnitz-Preise 2020 / Verleihung am 5. Mai in Berlin

Vier Wissenschaftlerinnen und sechs Wissenschaftler erhalten in diesem Jahr den Heinz Maier-Leibnitz-Preis und damit die wichtigste Auszeichnung für den wissenschaftlichen Nachwuchs in Deutschland. Das hat ein von der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG) und dem Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) eingesetzter Auswahlausschuss in Bonn beschlossen. Die Verleihung der mit je 20 000 Euro dotierten Auszeichnung findet am 5. Mai in Berlin statt.

Die Heinz Maier-Leibnitz-Preise 2020 gehen an:

  • Dr. Dr. Daniel Kotlarz, Kinder- und Jugendmedizin, Ludwig-Maximilians-Universität München
  • Jun.-Prof. Dr. Ulrike Ingrid Kramm, Physikalische Chemie von Festkörpern, Technische Universität Darmstadt
  • Prof. Dr. Elvira Mass, Immunologie, Rheinische Friedrich-Wilhelms-Universität Bonn
  • Dr. Fruzsina Molnár-Gábor, Internationales Medizin- und Datenschutzrecht, Heidelberger Akademie der Wissenschaften
  • Dr. Timothy Nunan, Globalgeschichte, Freie Universität Berlin
  • Prof. Dr. Georg Oberdieck, Mathematik/Algebraische Geometrie, Rheinische Friedrich-Wilhelms-Universität Bonn
  • Jun.-Prof. Dr. Michael Saliba, Materialwissenschaften, Technische Universität Darmstadt
  • PD Dr. Erik Schilling, Neuere deutsche Literatur, Ludwig-Maximilians-Universität München
  • Dr. Monika Undorf, Kognitive Psychologie, Universität Mannheim
  • Dr. Wolfgang Zeier, Physikalische Chemie von Festkörpern, Justus-Liebig-Universität Gießen

Seit 1977 wird der Heinz Maier-Leibnitz-Preis jährlich an herausragende Forscherinnen und Forscher verliehen, die sich in einem frühen Stadium ihrer wissenschaftlichen Laufbahn befinden und noch keine unbefristete Professur innehaben. Der Preis dient als Anerkennung und zugleich als Ansporn, diese Laufbahn eigenständig und gradlinig fortzusetzen. Benannt ist er seit 1980 nach dem Atomphysiker und früheren DFG-Präsidenten Heinz Maier-Leibnitz, in dessen Amtszeit (1973–1979) er erstmals vergeben wurde. Der Heinz Maier-Leibnitz-Preis gilt als der bedeutendste Preis zur Förderung des wissenschaftlichen Nachwuchses in Deutschland.

Für die diesjährige Preisrunde waren insgesamt 126 Forscherinnen und Forscher aus allen Fachgebieten vorgeschlagen worden. Die Auswahl traf der zuständige Ausschuss unter dem Vorsitz der DFG-Vizepräsidentin und Mathematikerin Prof. Dr. Marlis Hochbruck.

Die Preisträgerinnen und Preisträger im Einzelnen:

Dr. Dr. Daniel Kotlarz (41), Kinder- und Jugendmedizin, Ludwig-Maximilians-Universität München

Daniel Kotlarz erforscht die genetischen Ursachen von primären Immundefizienzen – das sind seltene und heterogene Gruppen von genetischen Defekten, die das Immunsystem auf verschiedenste Art und Weise beeinflussen können – bei früh im Kindesalter auftretenden Formen der chronisch entzündlichen Darmerkrankungen. Aus Kotlarz’ Arbeiten als Teilprojektleiter eines DFG-geförderten Sonderforschungsbereichs ließ sich erstmals ableiten, dass auch einzelne Gene diese Krankheiten auslösen können, was wiederum wichtige Impulse für individuell zugeschnittene Behandlungsstrategien gab. Zugleich leitet er eine Junior Research Group an der Abteilung für pädiatrische Gastroenterologie des Boston Children’s Hospital der Harvard Medical School, die Tiermodelle zur Klärung menschlicher Immunodefizienzen einsetzt. Kotlarz hat seine Arbeiten in zahlreichen hochrangigen Publikationen als Erst- und Koautor dokumentiert.

Jun.-Prof. Dr. Ulrike Ingrid Kramm (40), Physikalische Chemie von Festkörpern, Technische Universität Darmstadt

Gegenwärtig werden Platin und Platinlegierungen zur Katalyse der Sauerstoffreduktionsreaktion in Brennstoffzellen eingesetzt. Die einzelnen Reaktionsschritte zu optimieren ist dabei eine grundlegende Problematik. Die Suche nach kostengünstigeren Katalysatormaterialien ist zudem für Wirtschaft und Gesellschaft wichtig. Hier setzt die Forschung von Ulrike Ingrid Kramm an, die wesentliche Beiträge zur Aufklärung der aktiven Zentren von Übergangsmetallkomplexen geliefert hat. Kramms methodisch breite und interdisziplinäre Herangehensweise haben es ihr unter anderem ermöglicht, die sogenannte Mößbauer-Spektroskopie als wesentliche Technik in der Elektrokatalyse zu etablieren. Kramm hat ihre mithilfe von DFG-Förderungen gewonnenen Ergebnisse in ausgewiesenen Journalen publiziert.

Prof. Dr. Elvira Mass (33), Immunologie, Rheinische Friedrich-Wilhelms-Universität Bonn

Elvira Mass untersucht die Entwicklung und Funktion von Makrophagen, also Zellen des angeborenen Immunsystems. Mit ihren Arbeiten hat sie wegweisende Erkenntnisse zu den molekularen Grundlagen der Rolle von Gewebsmakrophagen bei der Organogenese – der Entstehung der Organe während der Embryonalentwicklung – beigetragen, die sie hochrangig publizieren konnte. Ihre gewonnenen Erkenntnisse tragen zum besseren Verständnis bestimmter Erkrankungen bei, wie etwa der Osteopetrose, bei der es zu einer Anhäufung von Knochensubstanz kommt, oder neurodegenerativen Erkrankungen, die von mutationentragenden Mikrogliazellen verursacht werden. Elvira Mass wurde in Bonn promoviert, forschte danach in London und New York, bis sie als Nachwuchsgruppenleiterin an das LIMES-Institut der Universität Bonn zurückkehrte, wo sie kürzlich zur W2-Professorin berufen wurde.

Dr. Fruzsina Molnár-Gábor (35), Internationales Medizin- und Datenschutzrecht, Heidelberger Akademie der Wissenschaften

Fruzsina Molnár-Gábor arbeitet an der Schnittstelle von Gesundheits- und Medizinrecht sowie von Datenschutzrecht. Mit ihrer Forschung trägt sie dazu bei, in Deutschland das Fachgebiet Biomedizinrecht zu etablieren. Bisher fand die wissenschaftliche Auseinandersetzung mit der rechtlichen Regulierung biomedizinischer Fragen meist getrennt voneinander in den herkömmlichen juristischen Fächern wie Straf-, Zivil- und Öffentliches Recht statt. Molnár-Gábor hingegen steht durch ihre internationalen Publikationen in nicht nur „klassisch“ juristischen Zeitschriften in einem genuin interdisziplinären Austausch mit Expertinnen und Experten aus der Biomedizin. Die Juristin ist unter anderem in zwei interdisziplinären Arbeitsgruppen zu „Machine Learning in der Medizintechnik“ der acatech – Deutsche Akademie der Technikwissenschaften und zu „Die Zukunft der Medizin: Gesundheit für alle“ der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften tätig.

Dr. Timothy Nunan (34), Globalgeschichte, Freie Universität Berlin

Timothy Nunan studierte und forschte in Oxford, Princeton, Harvard und Berlin zur Globalgeschichte und beherrscht eine Vielzahl von Sprachen. Dies wie auch herausragende Kenntnisse seiner Forschungsregionen Afghanistan, Pakistan und Iran ermöglichen ihm einen multiperspektivischen Blick auf seine Forschungsthemen. Bereits mit seiner Dissertation hat Nunan neue Erkenntnisse auf Zentralasien, Afghanistan, den Kalten Krieg und die Rolle von humanitären Hilfsaktionen entwickelt, die dem Fachgebiet neue Fragestellungen eröffneten. Nunans Forschung besticht durch ihre wissenschaftliche Breite: Themen der osteuropäischen wie der gesamteuropäischen Geschichte verdichten sich bei ihm in der Forschungsregion Zentralasien. Damit leistet er Pionierarbeit, indem er die Geschichte des Kalten Krieges – vor allem die Rolle der Sowjetunion – zusammen mit der der islamischen Revolution denkt. Mit seiner Forschung hat Nunan auf diese Weise Themen zur globalen Geschichtsschreibung beigetragen, die bislang nicht gesehen oder nicht gemeinsam gedacht wurden.

Prof. Dr. Georg Oberdieck (31), Mathematik/Algebraische Geometrie, Rheinische Friedrich-Wilhelms-Universität Bonn

Der Mathematiker Georg Oberdieck arbeitet im Teilgebiet der algebraischen Geometrie. In dieser geht es darum, durch recht einfache Gleichungen beschriebene geometrische Objekte zu untersuchen. Da es eine große Vielfalt von ihnen gibt, stellt sich oft die Frage, wie viele Objekte einer bestimmten Art in bestimmten Zusammenhängen auftreten. Derartige Zählaufgaben werden enumerative algebraische Geometrie genannt. Konkret tauchen solche Zählprobleme beispielsweise in der theoretischen Physik auf. Oberdieck hat derartige Probleme in konkreten physikalischen Kontexten gelöst und dabei auch die mathematische Struktur dieser Objekte deutlich besser beschrieben, als dies bis dato der Fall war. Besonders einflussreich ist seine mit Aaron Pixton verfasste Arbeit „Gromov-Witten theory of elliptic fibrations: Jacobi forms and holomorphic anomaly equations“. In dieser Arbeit beweisen beide Autoren ihr beeindruckendes Verständnis von Methoden aus verschiedenen Gebieten, die sie virtuos auf ihre Kernfragen anwenden. Oberdieck ist unlängst als Junior Fellow ans Hausdorff Center for Mathematics in Bonn gewechselt und hat dort eine W2-Professur inne.

Jun.-Prof. Dr. Michael Saliba (36), Materialwissenschaft, Technische Universität Darmstadt

Michael Salibas Forschungsschwerpunkt liegt im Bereich der perowskitbasierten Solarzellenentwicklung, einer kostengünstigen und einfach herzustellenden Alternative für die klassische Siliziumtechnologie. Er hat insbesondere Materialstrukturen für die Fotovoltaik entscheidend mitentwickelt und seine Arbeiten haben sich in vielen hochrangigen Veröffentlichungen sowie in Patententwicklungen niedergeschlagen. Saliba studierte Mathematik und Physik in Stuttgart, wurde im Fach Physik in Oxford promoviert und forschte zudem in Stanford und im schweizerischen Fribourg. Er ist an einem Projekt im DFG-Schwerpunktprogramm „Perowskit-Halbleiter: Von fundamentalen Eigenschaften zur Anwendung“ beteiligt und engagiert sich als Mitglied in der Global Young Academy.

PD Dr. Erik Schilling (36), Neuere deutsche Literatur, Ludwig-Maximilians-Universität München

Erik Schillings Forschung umfasst Literatur und Theorie der Postmoderne, moderne Lyrik, gattungsgeschichtliche Fragestellungen sowie Formen der Intertextualität, insbesondere auch intertextuelle Beziehungen zwischen neuzeitlicher und antiker Literatur. In seiner Dissertation untersuchte Schilling den deutschsprachigen historischen Roman der Gegenwart im komparatistischen Blick auf die Werke Umberto Ecos. Seine Habilitationsschrift widmete sich hymnischer Dichtung in ihren Kontexten vom 18. bis 20. Jahrhundert. Schilling erschloss darin dank einer neuartigen Methodik Texte von Goethe, Hölderlin, Nietzsche oder Rilke neu. Seine Arbeitsweise zeichnet sich ebenso durch enorme Produktivität und Vielfältigkeit wie durch philologische Sorgfalt und hohe Sensibilität im Umgang mit den literarischen Gegenständen und der dazu vorliegenden Forschung aus. Besonders beeindruckt dabei, wie seine Untersuchungen Literatur und Literaturtheorie aufeinander beziehen und füreinander fruchtbar machen. Damit gibt Schilling der Selbstbeschreibung der Literaturwissenschaft und ihrer Deutungspraxis wichtige neue Impulse.

Dr. Monika Undorf (39), Kognitive Psychologie, Universität Mannheim

Monika Undorf ist Experimentalpsychologin und Expertin auf dem Gebiet der Metakognition, insbesondere des Metagedächtnisses. Dabei handelt es sich um das Wissen über das eigene Gedächtnis, also das Wissen darüber, wie wir etwas lernen und behalten können. Eine zentrale Frage für die Forschung ist, wie Metagedächtnisurteile zustande kommen und wir Wissen über das eigene Gedächtnis erwerben. Hier konnte Undorf in ihren experimentellen Studien zeigen, dass Erfahrungen im Moment des Lernens und Einspeicherns von Inhalten wesentlich zu Metagedächtnisurteilen beitragen. Basierend auf einer innovativen Methodenentwicklung haben Undorfs Erkenntnisse wesentlich zur theoretischen und empirischen Weiterentwicklung der Gedächtnisforschung beigetragen und sind in kurzer Zeit international rezipiert worden. Ihre durch die DFG geförderten Arbeiten publizierte Undorf gezielt in hochrangigen internationalen Fachzeitschriften.

Dr. Wolfgang Zeier (34), Physikalische Chemie von Festkörpern, Justus-Liebig-Universität Gießen

Für eine nachhaltige Energieversorgung müssen die derzeit bestehenden Hindernisse bei der Effizienzsteigerung von Batterien überwunden werden. Wolfgang Zeiers Forschung hat unter anderem zum Ziel, bessere Elektrolyte für Feststoffbatterien zu entwickeln, die sicherer sind, sich schneller laden lassen und gleichzeitig mehr Kapazität und Leistung haben. Mit seinen Arbeiten hat er maßgeblich dazu beigetragen, einem grundlegenden Verständnis der Ionenleitung näherzukommen. Seine Kernhypothese ist dabei, dass Gitterdynamik einen signifikanten Einfluss auf den Ionentransport habe. Dies konnte er in seinen jüngeren Publikationen eindrücklich darstellen, sodass er der Bestätigung seiner Hypothese bereits sehr nahekommt. Zeiers Arbeiten haben innerhalb der materialwissenschaftlichen Community eine starke internationale Resonanz erfahren.

Weiterführende Informationen

Medienvertreter sind zur Preisverleihung herzlich eingeladen. Um vorherige Anmeldung wird gebeten bei der Presse- und Öffentlichkeitsarbeit der DFG, Tel. +49 228 885-2109,

Die Verleihung der Heinz Maier-Leibnitz-Preise 2020 findet am 5. Mai um 16 Uhr im
Festsaal der Humboldt-Universität Berlin, Luisenstraße 56, Berlin statt.

Weitere Informationen zu den Preisträgerinnen und Preisträgern 2020 in Kürze unter:

Ansprechpartnerin in der DFG-Geschäftsstelle: