DFG stellt Finanzierungsmöglichkeiten deutsch-brasilianischer Kooperationen vor

(24.08.17) Forscherinnen und Forscher sowie Professorinnen und Professoren der Getúlio Vargas-Stiftung (FGV) hatten am 9. August auf dem 3. Kolloquium für Angewandte Forschung die Möglichkeit, mehr über Arbeit und Aktivitäten der DFG in Brasilien zu erfahren. Im Rahmen des Panels „Finanzierungsmöglichkeiten: Mittel und Interessen internationaler Agenturen“ war Kathrin Winkler, Leiterin des DFG-Büros Lateinamerika, eingeladen, über die DFG und ihre Förderprogramme zu informieren. Vor etwa 120 Anwesenden sprach sie über die Zusammenarbeit mit den brasilianischen Partnerorganisationen, Fördermöglichkeiten für Kooperationsanbahnungen zwischen Deutschen und Brasilianern sowie erfolgreiche bilaterale Projekte.

Publikum des Kolloquiums: Forschende der Getúlio Vargas-Stiftung (FGV)

© DFG

Das Panel zeigte auch neue Perspektiven für die aktuelle Krisenlage Brasiliens auf, die sich durch das Wegfallen öffentlicher Mittel direkt auf den Forschungshaushalt der FGV auswirkte. 2016 stammten noch 16 Prozent (3,1 Mio. R$) der Forschungsmittel aus öffentlichen Quellen wie CNPq, CAPES und FAPESP, allesamt Partnerorganisationen der DFG. Im Vorjahr war der öffentlich finanzierte Anteil dreimal so hoch (10,8 Mio. R$).

Die Lage zwang die Stiftung, neue Finanzierungsquellen ausfindig zu machen – mit Erfolg. „Selbst in Zeiten wirtschaftlicher Rezession konnten wir das Gesamtvolumen eingeworbener Gelder 2016 um 12,5 Prozent steigern. Wir haben uns vom öffentlichen Sektor in Richtung privater, halböffentlicher und internationaler Organe orientiert“, berichtete der Präsident der FGV, Carlos Ivan Simonsen Leal. Im vergangenen Jahr stammten 40 Prozent der Mittel aus der Privatwirtschaft und 33 Prozent aus internationalen Institutionen wie der EU und der Weltbank.

Die FGV ist seit 70 Jahren in der Forschung tätig und ist heute die angesehenste Einrichtung in der angewandten Forschung, vor allem in den Bereichen nachhaltige Entwicklung, Wirtschaft, Kultur und Gesellschaft, Verwaltung, Governance und Staatspolitik.

Trotz des hohen Ansehens der FGV, die außerdem Lehre in grundlegenden und postgraduierten Studiengängen anbietet, will der Präsident die Forschung noch weiter profilieren. „Geld ist wichtig, aber nicht alles. Wir müssen die Mittelverwaltung effizienter gestalten: Angebot und Nachfrage müssen genau aufeinander abgestimmt werden“, forderte Leal. Er hält die Festlegung prioritärer Forschungsbereiche wie in den Programmen der EU für unabdingbar. In diesem Sinne wurde das Kolloquium abgerundet durch ein Panel zu abgeschlossenen Forschungsprojekten mit besonders hohem sozialem Impact.

Dieser Beitrag der DFG in Lateinamerika auf einer Veranstaltung der FGV soll der erste Schritt einer gegenseitigen Annäherung beider Organisationen sein.

Workshop mit Mathematikern der FGV und Epidemiologen des Fiocruz

Workshop mit Mathematikern der FGV und Epidemiologen des Fiocruz

© DFG

Schnittstellen von Mathematik und Lebenswissenschaften

Am Tag nach dem Kolloquium fand außerdem ein Workshop statt, an dem Forschende aus dem Fachbereich Angewandte Mathematik der FGV sowie Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler des Fiocruz, einer renommierten brasilianischen Forschungseinrichtung im Bereich der Biowissenschaften, die sich insbesondere mir vernachlässigten Tropenkrankheiten beschäftigt.

Die Veranstaltung sollte bereits bestehende Kooperationen zwischen beiden Institutionen stärken und neue Netzwerke für die Zusammenarbeit anregen. „Wir möchten die Projekte und Ziele der Forschenden auf beiden Seiten besser kennenlernen und Schnittstellen für gemeinsame Interessen erarbeiten“, so der Mathematikprofessor Cesar Camacho von der FGV.

Die ungewöhnliche Kooperation zwischen Forschenden der Mathematik und der Lebenswissenschaften hat bereits konkrete Ergebnisse mit sozialem Nutzen hervorgebracht. Ein Beispiel dafür ist die Initiative „Info Dengue“, ein System, das die Krankheitsfälle erfasst und abbildet und damit die Bekämpfung der Krankheit in Rio de Janeiro unterstützt. Dazu wurde gemeinsam eine Website entwickelt, die Informationen zur Ansteckungsgefahr in den am stärksten betroffenen Bereichen der Stadt enthält und die Einleitung erforderlicher Maßnahmen beschleunigt. Ein System mit ähnlicher Funktionalität haben die beteiligten Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler außerdem für das Grippevirus geschaffen.

Im Rahmen des Workshops eröffneten sich viele weitere Kooperationsmöglichkeiten für die Zukunft. Ein interessanter Ansatz kam von Marcelo Pelajo Machado, Forscher am Fiocruz: „Wir verfügen über eine üppige histopathologische Probensammlung für das Gelbfieber. Es handelt sich dabei um Lebergewebe von verstorbenen Personen mit den Symptomen der Krankheit, das seit 1921 entnommen und mit Patienteninformationen versehen wurde. Parallel dazu existiert eine umfassende zoologische Sammlung der krankheitsübertragenden Stechmücken mit geografischen Daten. Wenn wir diese Daten miteinander kreuzen würden, könnten wir ein besseres Verständnis in Bezug auf den Überträger sowie auf die Entwicklung und Ausbreitung der Krankheit im Laufe der Zeit erlangen. Dadurch würden neue Daten erzeugt, die beispielsweise mit einer klimabezogenen Fragestellung untersucht werden könnten: Wie haben sich veränderte Temperaturen auf die Mücken und die Gelbfieberepidemien ausgewirkt? Die Mathematikforschung der FGV könnte uns den Antworten auf diese Frage ein Stück näherbringen“.

Dieser Vorschlag stieß bei den Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern der FGV auf Interesse, die darüber hinaus noch auf Kooperationspotenzial bei Systemen zur Vorhersage von Epidemien und der Integration von Machine Learning in die riesigen Datenbanken des Fiocruz hinwiesen.

Abschließend legten die Anwesenden weitere Schritte zur Vertiefung der Kontakte und für zukünftige gemeinsame Projekte fest.

Carolina Santa Rosa vom DFG-Büro Lateinamerika war zu dem Workshop eingeladen, um konkrete Forschungsarbeiten der FGV kennenzulernen und mögliche Berührungspunkte für Kooperationen mit deutschen Forschenden zu erschließen.