DFG diskutiert Zukunft der Zusammenarbeit auf der Jahrestagung der SBPC

(25.07.17) Vom 16. bis 22. Juli traf sich die wissenschaftliche Community Brasiliens in Belo Horizonte zur 69. Jahrestagung der Brasilianischen Gesellschaft für die Weiterentwicklung der Wissenschaft (SPBC). Insgesamt etwa 15 000 Teilnehmerinnen und Teilnehmer, darunter Studierende, Doktorandinnen und Doktoranden, Postdocs, Professorinnen und Professoren sowie Verantwortliche aus dem Wissenschaftsmanagement an Hochschulen, Forschungs- und Förderinstitutionen, kamen an die Bundesuniversität von Minas Gerais (UFMG). Eine Woche lang debattierten sie in Vorträgen, Diskussionsrunden und Workshops über die Auswirkungen der aktuellen politischen und wirtschaftlichen Lage auf die unterschiedlichen Bereiche der brasilianischen Wissenschafts- und Innovationslandschaft. Forderungen nach einer Wiederaufstockung des Budgets des Bundesministeriums für Forschung, Technologie, Innovation und Kommunikation (MCTIC), das Ende März die letzte Kürzung von 44 Prozent für das laufende Jahr erlitt, prägten die Beiträge.

Jaime Ramírez, Rektor der UFMG; Abílio Neves, Präsident der Capes; Dietrich Halm, DFG-Direktor für Internationale Zusammenarbeit mit Lateinamerika, und Luiz Roberto Curi, aus dem MCTIC

Jaime Ramírez, Rektor der UFMG; Abílio Neves, Präsident der Capes; Dietrich Halm, DFG-Direktor für Internationale Zusammenarbeit mit Lateinamerika, und Luiz Roberto Curi, aus dem MCTIC

© DFG

Die DFG nutzte die Tagung für Gespräche und Meetings mit ihren brasilianischen Partnerorganisationen, um die Herausforderungen der Zusammenarbeit in einem solchen Kontext gemeinsam anzugehen und trotz der Sparpolitik Schritte zu definieren, um die Kooperationen nicht nur aufrechtzuerhalten, sondern im Rahmen des Möglichen auch zu vertiefen. Dafür werden thematische Ausschreibungen mit den föderalen Forschungsförderungsagenturen CAPES und CNPq geplant, unter anderem zur Förderung bilateraler Forschungsprojekte mit Netzwerkcharakter. Auch die Zusammenarbeit mit der Forschungsförderorganisation des Bundesstaates Minas Gerais (FAPEMIG) wird derzeit auf der Basis von Gesprächen in Belo Horizonte angepasst und gefestigt.

Neben der Präsenz der DFG organisierte das Deutsche Wissenschafts- und Innovationshaus São Paulo (DWIH-SP) die Teilnahme deutscher Universitäten und des DAAD. An einem Stand im Ausstellungsbereich wurde zu Forschungs- und Fördermöglichkeiten in Deutschland beraten. „Deutschland ist bereits ein wichtiger Partner Brasiliens im Bereich Wissenschaft und Technologie. Die Präsenz deutscher Institutionen auf der SBPC-Tagung ist von fundamentaler Bedeutung für die zukünftigen Beziehungen, vor allem weil sie Anknüpfungspunkte und Kontaktmöglichkeiten für brasilianische Nachwuchswissenschaftler bietet“, erklärte Evaldo Vilela, Präsident der FAPEMIG bei seinem Besuch am Stand.

Am Stand im Ausstellungsbereich wurde zu Forschungs- und Fördermöglichkeiten in Deutschland beraten

Am Stand im Ausstellungsbereich wurde zu Forschungs- und Fördermöglichkeiten in Deutschland beraten

© DFG

Die Bedeutung der Partnerschaft mit Deutschland wurde auch während des Besuchs der Delegation beim Rektor der UFMG hervorgehoben. Die vor 90 Jahren gegründete Universität avisiert einen gezielten Ausbau ihrer internationalen Aktivitäten in den kommenden Jahren. „Wir haben derzeit über 40 Kooperationen mit deutschen Hochschulen, und unser Ziel ist es, diese zu intensivieren und auszubauen“, signalisierte Rektor Jaime Ramírez. Zu den geplanten Maßnahmen gehört beispielsweise ein Dozentenaustausch. „Wir hoffen auf eine weiterhin gute Zusammenarbeit zwischen DFG und FAPEMIG“, erklärte er und betonte den Wert des Abkommens zwischen der DFG und der lokalen Förderagentur für die Arbeit der UFMG, die insgesamt 838 FAPEMIG-geförderte Forschungsprojekte vorzuweisen hat.

Schwerpunkt der SBPC – Perspektiven angesichts der Krise

Internationalisierungsbestrebungen brasilianischer Universitäten stärker zu unterstützen, ist ein erklärtes Ziel der CAPES. Noch dieses Jahr soll eine Ausschreibung zu diesem Zweck veröffentlicht werden, um Initiativen ab 2018 gezielt zu fördern. Als Nachfolger des großen „Wissenschaft ohne Grenzen“-Programms soll das neue Programm „Mehr Wissenschaft, mehr Entwicklung“ nun eine neue Stoßrichtung vorgeben: Statt sich auf Mobilitätsförderung zu beschränken, sollen die Universitäten stärker eingebunden werden. Die Umsetzung von hochschulintern erarbeiteten Konzepten zum Ausbau von und Anschluss an internationale Kontakte soll für einen Zeitraum von vier Jahren gezielt gefördert werden. Für alle nicht geförderten Institutionen soll das allgemeine Programm zur Internationalisierung der Postgraduiertenstudiengänge mit den bekannten CAPES-Förderlinien (Stipendien für Vollpromotion im Ausland und Forschungsaufenthalte während der Promotion sowie Postdoc-Stipendien) weitergeführt werden. „Dieses Jahr vergab CAPES 4600 Stipendien für Forschungsaufenthalte während der Promotion, halb so viele wie während der vierjährigen Gesamtlaufzeit des „Wissenschaft ohne Grenzen“-Programms“, verkündete Abílio Neves, Präsident der CAPES, in seinem Vortrag.

Besuch der deutschen Delegation beim Rektor der UFMG, Jaime Ramírez (2. Person v.l.n.r.)

Besuch der deutschen Delegation beim Rektor der UFMG, Jaime Ramírez (2. Person v.l.n.r.)

© UFMG

Von ihm vorgestellte Zahlen zeigen, dass von den 213 000 Studierenden in Postgraduiertenstudiengängen (Master und Promotion) etwa 100 000 eine CAPES-Förderung erhalten. Die CAPES untersteht dem brasilianischen Bildungsministerium (MEC) und verfügt 2017 über ein Budget von 4,5 Milliarden R$. Damit ist sie weit weniger von Kürzungen betroffen als der Nationale Forschungsrat CNPq, der dem Wissenschaftsministerium (MCTIC) angegliedert ist, das insgesamt nur etwa die Hälfte an Mitteln zur Verfügung hat. Neves nennt dieses Ungleichgewicht äußerst bedenklich, da durch die CAPES zwar die Personenförderung im Wissenschaftsbetrieb gewährleistet werden kann, die Projektförderung durch den CNPq aber erhebliche Einschnitte erfahren musste. „Wir können kein Wissenschaftspersonal ausbilden, wenn wir keine Forschungsmittel haben. Das Budget des MCTIC, seiner Institute und Agenturen CNPq und FINEP muss dringend wieder aufgestockt werden“, fordert er.

Vor diesem Hintergrund budgetärer Engpässe im öffentlichen Sektor stieß die Vorstellung der ersten privaten Forschungsförderungsagentur Brasiliens auf großes Interesse. Die Serrapilheira-Stiftung, die über ein Jahresbudget von 15 Millionen R$ verfügt, informierte über ihre erste Ausschreibung. In der ersten Förderphase sollen 70 Projekte aus den Natur- und Lebenswissenschaften für ein Jahr mit „Seed Money“ ausgestattet werden. In der zweiten Phase erhalten 10 bis 20 herausragende Projekte bis zu 1 Million R$ für weitere drei Jahre. Laut Hugo Aguilaniu, dem Vorsitzenden der Stiftung, sind Budgetsicherheit – die Mittel stammen aus Erträgen eines Privatfonds in Höhe von 350 Millionen R$ – sowie flexiblere Arbeitsplanung und Mittelverwendung für die Forscherinnen und Forscher die wichtigsten Unterschiede der Stiftung im Vergleich zu den öffentlichen Forschungsförderern.