Deutsch-Brasilianische Best Practice in der Doktorandenausbildung

5. Deutsch-Brasilianischer Workshop “Dynamics, Transport and Control in Complex Networks”

(24.09.18) Im Rahmen des deutsch-brasilianischen Internationalen Graduiertenkollegs „Dynamische Phänomene in komplexen Netzwerken“ fand vom 26. August bis zum 1. September im brasilianischen Nationalinstitut für Weltraumforschung (INPE) in Cachoeira Paulista zum mittlerweile fünften Mal der Workshop „Dynamics, Transport and Control in Complex Networks“ statt. Projektbeteiligte aus beiden Ländern tauschten sich im Rahmen eines umfassenden Programms an Vorträgen, Kursen und Diskussionen zu den Grundlagen komplexer Netzwerke und deren Anwendung in verschiedenen Wissenschaftsbereichen aus – von den Neurowissenschaften bis hin zur Klimaforschung unter Einbezug von Sozial- und Wirtschaftswissenschaften.

Der Workshop „Dynamics, Transport and Control in Complex Networks“ fand vom 26. August bis zum 1. September in Cachoeira Paulista statt

Der Workshop „Dynamics, Transport and Control in Complex Networks“ fand vom 26. August bis zum 1. September in Cachoeira Paulista statt

© DFG

Laut Prof. Dr. Elbert Macau, Organisator der Veranstaltung und Projektkoordinator auf brasilianischer Seite, hat die Forschung im Bereich Komplexe Netzwerke in den letzten zehn Jahren maßgeblich zu einem besseren Verständnis von Systemen mit einer großen Anzahl von interagierenden Komponenten beigetragen. „Diese Herangehensweise kann mittlerweile erfolgreich auf Lasersysteme, neuronale Interaktionen, autonome mobile Roboter und Stromversorgungsnetze angewandt werden“, erläuterte Macau.

Das DFG-Büro Lateinamerika war ebenfalls zum Workshop eingeladen und Carolina Santa Rosa stellte den Teilnehmenden die gemeinsam mit der Partnerorganisation FAPESP angebotenen Fördermöglichkeiten vor, um neue Kooperationen und zukünftige bilaterale Projekte anzuregen.

An dem multidisziplinär ausgerichteten Projekt sind Forscherinnen und Forscher aus Fächern wie der Physik, Mathematik, Klimatologie, Biologie, Informatik und Verfahrenstechnik aus insgesamt zehn verschiedenen Einrichtungen beteiligt – sechs davon in Brasilien und vier in Deutschland. Die Initiative wird seit 2011 anteilig von der DFG und ihrer Partnerorganisation FAPESP im Bundesstaat São Paulo finanziert und befindet sich derzeit in der zweiten Förderphase, die 2021 endet.

Prof. Dr. Serhiy Yanchuk von der Technischen Universität Berlin (TU Berlin) ist bereits von Anfang an in das Internationale Graduiertenkolleg involviert und sieht in dem Workshop eine hervorragende Gelegenheit für ein persönliches Zusammentreffen von Projektleitern, Promovierenden und Postdocs beider Länder.

Prof. Yanchuk und einige Mitglieder seiner Arbeitsgruppe, darunter auch die Brasilianer Ewson Lameu (2. v.l.) und Vander Freitas (3. v.l.)

Prof. Yanchuk und einige Mitglieder seiner Arbeitsgruppe, darunter auch die Brasilianer Ewson Lameu (2. v.l.) und Vander Freitas (3. v.l.)

© Serhiy Yanchuk

„Sämtliche Teilprojekte werden gemeinsam bearbeitet, und aus diesem Grund ist die enge Kooperation zwischen den deutschen und brasilianischen Projektpartnern grundlegend für unsere Arbeit. Jedes Jahr finden abwechselnd Workshops in Deutschland und Brasilien statt, die als wissenschaftliches Diskussionsforum dienen. Dabei thematisieren wir nicht nur fachliche Einzelheiten zu den Projekten, sondern formulieren auch vorläufige Schlussfolgerungen oder schlagen neue Wege ein. Mitunter ergeben sich dadurch auch neue Kooperationen“, erklärte der Forscher.

Neben dem wissenschaftlichen Austausch nutzte Yanchuk das Treffen, um letzte Einzelheiten für den Aufenthalt eines seiner Doktoranden in Brasilien zu besprechen. Florian Stelzer promoviert bei Yanchuk in Berlin und wird im Anschluss an den Workshop sechs Monate lang Teil der entsprechenden brasilianischen Arbeitsgruppe sein, die von Prof. Dr. Zhao Liang vom Fachbereich Informatik und Mathematik an der Universität São Paulo (USP) in Ribeirão Preto geleitet wird.

Stelzer forscht zum Thema Reservoir Computing – einer Machine-Learning-Methode, bei der dynamische Systeme für die Verarbeitung von Input-Daten verwendet werden – und hofft, dass durch den Aufenthalt in Brasilien neue Ideen und Herangehensweisen für seine Arbeit entstehen. „Prof. Liang ist Informatiker und ein ausgewiesener Experte im Bereich Machine Learning, der mein Forschungsthema aus einer anderen Perspektive betrachten kann als ich Mathematiker“, so Stelzer.

Darüber hinaus wird der Nachwuchswissenschaftler aus Deutschland auch in die Betreuung eines brasilianischen Masterstudenten involviert sein, der seine Abschlussarbeit ebenfalls im Bereich Reservoir Computing schreibt. „Ich denke, dass ich dadurch bessere Fähigkeiten zur Wissensvermittlung und zur Anleitung wissenschaftlichen Arbeitens erlangen kann“, formuliert er seine Erwartungen und sieht den ersten Wochen in Brasilien sehr positiv entgegen. „Das Forschungsumfeld ist sehr angenehm und meine Kollegen sind sehr offen und hilfsbereit.“

Auslandsaufenthalte sind ein zentraler Bestandteil des Projekts und werden im Rahmen des Graduiertenkollegs gefördert. Nach Ansicht von Prof. Dr. Yanchuk hat eine solche Erfahrung eine essenzielle Bedeutung für die Studierenden: „In der Regel werden Promotionen an einer einzigen Institution durchgeführt. Danach wird ein Postdoc-Aufenthalt im Ausland empfohlen, um neue Sichtweisen und wissenschaftliche Kompetenzen zu erlangen. In unserem Fall geschieht das bereits während der Promotion, was im Vergleich zur traditionellen Promotion ein großer Vorteil ist.“

Yanchuk hatte bislang drei Promovierende und einen Postdoc aus Brasilien in seiner Arbeitsgruppe an der TU Berlin. „Es war eine rundum positive Erfahrung für uns, denn die brasilianischen Forschenden sind nicht nur talentiert, sondern auch sehr angenehme Personen, die zu einem wichtigen Bestandteil unserer kleinen Gruppe wurden. Zweifellos haben die interne Dynamik und das Arbeitsklima von all dem profitiert“, lautete die Einschätzung.