Perspektiven für die brasilianische Wissenschaft sind Thema der SBPC-Tagung in Maceió

Participantes da mesa-redonda sentados e falando ao microfone

Von links nach rechts: Vertreter FINEP, Vorsitzende der CONFAP, Vertreter der SBPC und CNPq-Präsident

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(31.07.18) Anlässlich der 70. Jahrestagung der Brasilianischen Gesellschaft für die Weiterentwicklung der Wissenschaft (SBPC) versammelte sich die wissenschaftliche Community vom 22. bis 27. Juli an der Bundesuniversität Alagoas (UFAL) in Maceió. Am Stand des Deutschen Wissenschafts- und Innovationshauses São Paulo, wo auch die Ausstellung „Das brasilianische Weltkulturerbe Serra da Capivara – älteste Siedlungsspuren in Amerika?“ gezeigt wurde, standen Vertreterinnen des DFG-Büros Lateinamerika zur Verfügung, um über Forschungs- und Fördermöglichkeiten in Deutschland Auskunft zu geben.

Das vielfältige wissenschaftliche Programm beinhaltete unter anderem auch Diskussionen zur Situation der Wissenschaft in Brasilien angesichts der Krise, die sich auch auf die Förderinstitutionen auswirkt. Für die DFG war es eine gute Gelegenheit, um sich über den aktuellen Stand und die Zukunftsperspektiven ihrer Partnerorganisationen zu informieren.

Im Rahmen einer Podiumsdiskussion am Nachmittag des 23. Juli erläuterte Prof. Dr. Mario Neto Borges, Präsident des Nationalen Rats für Forschung und Technologie (CNPq, ebenfalls eine Partnerorganisation der DFG), dass sich die wissenschaftlichen Veröffentlichungen durch die Investitionen der letzten Jahrzehnte deutlich gesteigert haben und Brasilien mittlerweile Platz 13 in einschlägigen Rankings einnimmt.

„2017 hatten wir über 20 000 Promovierte und 40 000 Masterabsolventinnen und -absolventen, die Brasilien mit einer beträchtlichen Anzahl wissenschaftlicher Artikel zu einer guten Position verhelfen konnten. Aber wir kommen bezüglich des Erkenntnisgewinns und insbesondere der Schaffung von Technologie und Innovation nicht in entsprechendem Maß weiter“, so Borges. Trotz einiger Verbesserungen in den vergangenen Jahren liege Brasilien jedoch noch auf einem unzureichenden 64. Platz im internationalen Innovationsranking. Borges Auffassung nach lässt sich diese Platzierung einerseits mit der schwachen Schnittstelle zwischen Wissenschaft und Unternehmen erklären und andererseits mit bürokratischen Hürden und mangelhafter Förderung.

Grupo de estudantes diverte-se na Expo T&C

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„Rund 1 Prozent des brasilianischen BIP wird kontinuierlich in Forschung, Technologie und Innovation investiert. In Krisenzeiten ist dieser Sektor jedoch der erste, der unter Kürzungen leidet, da Wissenschaft nicht als wichtige Investition verstanden wird. Aber nur über Wissenschaft und Innovation können wir Wohlstand schaffen, einen Beitrag für die Gesellschaft leisten und Souveränität erreichen“, ergänzte er.

Zaíra Turchi, Vorsitzende des Nationalen Dachverbands der bundesstaatlichen Förderorganisationen CONFAP, betonte, dass neben der Förderung auf Bundesebene wie beispielsweise durch den CNPq auch die stetige Mittelzuweisung an die bundesstaatlichen Fördereinrichtungen (FAPs) von großer Wichtigkeit ist. Einige dieser Institutionen konnten ihren Zahlungsverpflichtungen für Stipendien und Projektförderungen in letzter Zeit nur schwer oder gar nicht nachkommen, da der entsprechende Anteil von der Regierung der Bundesstaaten nicht weitergegeben wurde – davon betroffen war unter anderem auch die DFG-Partnerorganisation FAPERJ in Rio de Janeiro.

Eine wesentliche Maßnahme müsste Turchi zufolge die Einführung prozentualer Pflichtinvestitionen in Forschung und Entwicklung sein, die in den bundesstaatlichen Gesetzgebungen verankert werden sollten, wie es bei der DFG-Partnerorganisation im Bundesstaat São Paulo (FAPESP) der Fall ist. Seit 1989 erhält die Institution laut Verfassung in Form von monatlichen Raten jährlich insgesamt 1 Prozent der Einnahmen des Bundesstaates – ein System, das sich bislang erfolgreich bewährt hat und die regelmäßigen Zahlungen der Fördermittel sichert.

„Die FAPs sind von grundlegender Bedeutung für den regionalen wissenschaftlichen Fortschritt. Gegenwärtig gibt es sie in nahezu allen Bundesstaaten, was ein Ergebnis des langjährigen Engagements von Forschenden aus ganz Brasilien ist“, so die Vorsitzende. Der einzige Bundesstaat, in dem bislang noch keine FAP eingerichtet wurde, ist Roraima im Norden des Landes.

Am Ende der Veranstaltung bekam das Publikum die Möglichkeit zur Positionierung: Gefordert wurden insbesondere intensivere Bemühungen und Maßnahmen zur Erhöhung der Investitionen im Wissenschaftssektor sowie zur pünktlichen und regelmäßigen Zahlung von Stipendien.